Tokenisierung – die Entmaterialisierung von Geld, Eigentum und Identität

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14. Oktober 2021
Finanz- & Rechnungswesen
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Die Digitalisierung im Allgemeinen und die Blockchain-Technologie im Speziellen führen zu einem Strukturwandel im Finanzsektor. Kryptowährungen wie Bitcoin sind dabei nur die Spitze des Eisberges. Schließlich geht es um viel mehr: Die Entmaterialisierung von Wert und dessen Einbettung in neue Infrastrukturen. Sven Wagenknecht, Chefredakteur und Co-Founder von BTC-ECHO GmbH sowie Speaker bei unserer Konferenz Digital Assets für Corporates, zeigt Ihnen erfolgversprechende Möglichkeiten der sogenannten Tokenisierung.

Experte Sven Wagenknecht

Sven Wagenknecht

Chefredakteur und Co-Founder | BTC-ECHO GmbH

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Mehr Flexibilität statt analoger Limitierungen

Was sich kompliziert anhört, hat bei unserer Kommunikation längst stattgefunden. Dank des Internets können wir nicht mehr nur mit einem analogen Kabeltelefon telefonieren, sondern sind in der Lage, via Internettelefonie unsere Kommunikation in programmierbare Infrastrukturen zu integrieren. Im Skype, Zoom oder Google Hangout Call können wir chatten, Videos streamen, Daten austauschen und ganze Konferenzen abhalten. Die ehemals analogen Limitierungen sind einer flexibleren Umgebung gewichen.

Tokenisierung als zweite Welle der Digitalisierung

Nun stehen wir vor der zweiten Welle der Digitalisierung, die über das Internet als Informationsinfrastruktur hinauswächst. Mithilfe der Blockchain-Technologie können wir ein Internet der Werte (Internet of Value) erschaffen, das nicht mehr nur unsere Kommunikation, sondern beispielsweise auch Geld, Wertpapiere, Lizenzen oder Identitäten programmierbar werden lässt.

Die sogenannte Tokenisierung sorgt dafür, dass Wert auch im ausschließlich digitalen Raum abgebildet werden kann. Die 20-Euro-Banknote weicht dem Token genauso wie das urkundlich verbriefte Wertpapier. Theoretisch kann alles, was knapp und quantifizierbar ist, tokenisiert werden.

Warum braucht es Token?

Token als neuer Standard respektive neues Medium brechen die tradierten Infrastrukturen auf. Beispielsweise könnten Korrespondenzbanken oder Clearingstellen durch Token-Infrastrukturen perspektivisch obsolet werden. Durch die Automatisierung und stärkere Loslösung von Intermediären holt der Finanzsektor gegenüber anderen Branchen wieder auf. Warum ein Wertpapier nicht in Echtzeit abgewickelt wird und eine Wertstellung mehrere Tage dauern kann, lässt sich dadurch, zumindest technologisch gesehen, nicht mehr rechtfertigen. Genauso wie man eine E-Mail in Sekunden 24/7 und 365 Tage im Jahr rund um den Globus versenden kann, entsteht das gleiche Anspruchsdenken immer stärker auch im Finanzsektor.

Doch geht es im Kern um mehr als nur Effizienz. Vielmehr können Token als digitale Platzhalter völlig neue Geschäftsmodelle erschließen, Interaktionen erlauben und vor allem eine Automatisierung von Werten ermöglichen. Mithilfe von Token können so unter anderem Maschinen zu wirtschaftlichen Akteuren werden, die zu weitaus komplexeren Vorgängen in der Lage sind als der Geldautomat, der uns Banknoten auszahlt. In Programmcode gegossene Verträge, sogenannte Smart Contracts, sind hier das Schlagwort. Denn sie ermöglichen die angesprochene Einbettung in digitale Infrastrukturen, mit der eine neue Zugänglichkeit von Finanzdienstleistungen außerhalb von klassischen Mittelsmännern wie Banken oder Börsen einhergeht.

Wenn in Zukunft Autos, Drohnen oder Roboter wirtschaftliche Transaktionen ausüben, dann werden diese Transaktionen über digitales Geld, sprich Token, abgewickelt. Der digitale Euro, wie er in den nächsten Jahren von der EZB zu erwarten ist, wird daher auch neue Geschäftsmodelle für unter anderem Softwarefirmen und Maschinenhersteller ermöglichen. Durch die Entmaterialisierung und Programmierung von Wert- sowie Werteinfrastrukturen sind der Fantasie kaum noch Grenzen gesetzt.

Alles wird digital, auch unser Geld

Die Tokenisierung kann somit als logische Konsequenz der Digitalisierung verstanden werden. Immer mehr Wertschöpfung verlagert sich in den digitalen Raum. Mithilfe von Token erhalten wir nun ein Vehikel, das diese digitale Knappheit auch ohne Intermediäre abbilden kann.

Der Token selbst kann dabei als digitaler Container verstanden werden. Genauso wie in einem Frachtcontainer diverse Waren verstaut werden können, kann man auch in Token diverse Rechte, Identitäten und Zugänge integrieren.

Aus diesem Grund spricht man im Blockchain-Gesetz vom Fürstentum Liechtenstein auch vom Container Modell. Es braucht schließlich eine Regulierung, welche die gesamte Dimension von Token abbilden kann. In den meisten Jurisdiktionen fehlt jedenfalls noch die passende Gesetzgebung, um Token vollumfänglich, ergo regulatorisch anerkannt, nutzen zu können. Bis sich das volle Potenzial der Token-Ökonomie entfalten kann, wird noch einige Zeit vergehen. Als größte Innovations-Hürde ist daher oftmals nicht die Technologie selbst als limitierender Faktor zu identifizieren. Vielmehr sind es unsere gesellschaftlichen, kulturellen und regulatorischen Gegebenheiten, die einer schnellen Token- und Blockchain-Etablierung im Wege stehen können.

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