Auf grün getrimmt – Wie ESG-Fraud die Investoren täuscht

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05. März 2024
Finanz- & Rechnungswesen
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In jüngster Zeit erleben nachhaltige Investitionen, die gemeinhin als Environmental, Social und Governance (ESG) Investitionen bekannt sind, einen bemerkenswerten Aufschwung. Dem Marktbericht des "Forums für Nachhaltige Geldanlagen" (FNG) aus dem Jahr 2023 zufolge wurden in Deutschland im Jahr 2022 578,1 Milliarden Euro in ESG investiert. Dies bedeutet einen Anstieg der Gesamtinvestitionen um 15% im Vergleich zum Vorjahr. Wie schon in den Jahren zuvor, erfreuen sich nachhaltige Geldanlagen weiterhin steigender Beliebtheit und folgen einem positiven Trend [vgl. Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2023 Deutschland]. Allerdings birgt dieser nachhaltige Boom auch potenzielle Risiken: eines davon ist ESG-Fraud.

In diesem Gastbeitrag verraten Andreas Pyrcek und Metje Kehrwieder alles, was Sie zum Thema ESG-Fraud wissen müssen und wie Sie gegen diese Art von Betrug vorgehen können.

Experte Andreas Pyrcek

Andreas Pyrcek

Partner | Ernst & Young GmbH WPG

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ESG-Fraud: Ein wachsendes Risiko

ESG-Fraud beschreibt Situationen, in denen Unternehmen vorsätzlich falsche oder irreführende Darstellungen über ihr Engagement in den Bereichen Umwelt, Sozialverantwortung und Unternehmensführung (den drei Säulen der verantwortungsbewussten Unternehmensführung) vornehmen, um so Investoren zu täuschen. Diese Darstellungen können in verschiedenster Form auftreten: einige Unternehmen neigen zur Übertreibung ihrer ESG-Engagements, während andere versuchen, problematische Geschäftspraktiken zu vertuschen. In extremen Fällen kann ein Unternehmen sogar völlig falsche Informationen liefern, etwa durch die Behauptung, es hätte seine CO2-Emissionen erheblich reduziert, ohne entsprechende Maßnahmen ergriffen zu haben.

Emissions-Skandale als prominentes Beispiel für ESG-Fraud

Prominente Beispiele für ESG-Fraud sind zweifellos die Essmissions-Skandale zwischen 2015 und 2017. Die betroffenen Automobilhersteller hatten jahrelang falsche Angaben über ihre Emissionswerte gemacht und täuschten damit Investoren, die davon ausgingen, in umweltverantwortliche Unternehmen zu investieren. Auch im Finanzsektor wurden bereits erste Fälle von bewusster Falschdarstellung bei Fonds publik.

Herausforderungen für Investoren

Die Auswirkungen sind beträchtlich: Laut dem auf Umwelt-, Sozial- und Governance-(ESG) Daten spezialisierten Unternehmen RepRisk wurden zwischen September 2022 und Ende September 2023 weltweit 148 Fälle von ESG-Betrug in der Banken- und Finanzdienstleistungsbranche registriert. Im Vergleich zu den 86 Fällen in den vorherigen 12 Monaten stellt dies einen Anstieg von 70% in diesem Sektor dar [vgl. RepRisk, 2023]. Doch die Herausforderung mit ESG-Fraud ist, dass es für Investoren oft schwierig ist, solche Fälle zu identifizieren. Viele Unternehmen machen sehr allgemeine Aussagen über ihre ESG-Aktivitäten, die es Investoren schwer machen, diese auf Richtigkeit zu überprüfen. Hinzu kommt, dass beispielsweise die Bewertungsmethoden von unabhängigen Ratingagenturen unterschiedlich sind, was die Situation weiter verkompliziert.

Neue Regulierungen gegen ESG-Fraud: CSRD & Co.

Um ESG-Fraud einzudämmen und Investoren besser zu schützen, hat die EU-Kommission die "Corporate Sustainability Reporting Directive" (kurz: CSRD) verabschiedet, die am 5. Januar 2023 in Kraft trat. Sie löst die bisherige NFRD (Nonfinancial Reporting Directive) ab und verpflichtet in Zukunft nahezu alle kapitalmarktorientierten Unternehmen dazu Nachhaltigkeitsberichte, als Teil ihres Geschäftsberichts, zu veröffentlichen. Für die, die bereits unter die NFRD fielen, gilt die CSRD schon ab dem Geschäftsjahr, das am 1. Januar 2024 begonnen hat. Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitenden, einer Bilanzsumme von 20 Millionen Euro oder einem Umsatz von 40 Millionen Euro, werden ab Januar 2025, KMUs ab Januar 2026 dazu verpflichtet.

Die CSRD ist Teil des „Sustainable Finance Frameworks“, mit dem die EU-Kommission Nachhaltigkeit in der Wirtschaft fester verankern möchte. Zu diesem Rahmenwerk gehören auch die SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) und die EU-Taxonomie-Verordnung. Die SFDR zielt darauf ab, die Transparenz und Vergleichbarkeit von ESG-Informationen zu verbessern und gilt für Unternehmen, die Finanzprodukte anbieten. Seit Mitte 2022 sind diese Unternehmen verpflichtet, über negative ESG-Auswirkungen ihrer Anlagestrategien Bericht zu erstatten. Die EU-Taxonomie-Verordnung definiert derweil Kriterien zur Beurteilung der ökologischen Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Aktivitäten. Diese Kriterien werden sowohl in der CSRD als auch in der SFDR angewendet. Für sämtliche Unternehmen, die laut CSRD zum ESG-Reporting verpflichtet sind, gelten künftig die ESRS (European Sustainability Reporting Standards).

Gemäß dieser müssen Unternehmen fortan zwar nicht mehr über alle Nachhaltigkeitsaspekte berichten, aber diejenigen, die für ihr Geschäft relevant sind, wobei der Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit zur Anwendung kommt. Dieser besagt: Aspekte müssen entweder wesentliche Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt haben (Wesentlichkeit der Auswirkungen) oder wesentliche finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen haben (finanzielle Wesentlichkeit). Wenn eines der beiden Kriterien oder auch beide zutreffen, muss der Aspekt in den Nachhaltigkeitsbericht aufgenommen werden. Dementsprechend müssen die Unternehmen vorab eine Wesentlichkeitsprüfung durchführen, um erklären zu können, warum einzelne ESG-Aspekte nicht berücksichtigt werden.

Ferner geben die ESRS den Unternehmen vor, wie der Nachhaltigkeitsbericht strukturiert sein muss. So müssen Unternehmen allgemeine Angaben wie Governance und Strategie erläutern und angeben, wie Auswirkungen und das Verfahren zur Bewertung der Wesentlichkeit verwaltet werden. Daraufhin folgen drei separate Abschnitte, die die ESG-Themen abdecken.

Neben der CSRD-Regulierung plant die EU die Green Claims Directive (GCD) einzuführen. Diese Direktive hat das Ziel, Greenwashing zu bekämpfen, indem sie Anforderungen an Umweltaussagen in der Unternehmenskommunikation definiert. Die GCD zielt darauf ab, eine gründliche Prüfung der "grünen" Angaben von Unternehmen über ihre Produkte oder Dienstleistungen zu gewährleisten, wodurch Transparenz und Genauigkeit verbessert werden sollen. Demnach könnten Unternehmen verpflichtet werden, ihre grünen Angaben unter strikteren Kriterien zu prüfen und zu belegen. Rechtliche Konsequenzen könnten Folge eines Verstoßes gegen die GCD sein, weshalb mit einer steigenden Erwartungshaltung der Stakeholder sowie mit vermehrten kritischen Rückfragen oder Investigations gerechnet wird. Die GCD ist Teil des European Green Deals, der darauf abzielt, Verbraucher zu stärken und zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft beizutragen.

Diese Bandbreite an neuen umweltbezogenen Bestimmungen können für Unternehmen eine große Herausforderung darstellen, da sie sowohl ihre Nachhaltigkeitsberichte an die ESRS anpassen als auch ihre grünen Aussagen eingehend prüfen und bestätigen müssen. Aber es kann auch als Chance betrachtet werden: Indem sie diese strengen Anforderungen erfüllen, können Unternehmen ihre Transparenz in Bezug auf ESG-bezogene Aktivitäten deutlich verbessern und so das Vertrauen von Investoren und anderen Interessengruppen nachhaltig stärken.

Die Rolle der Investoren im Kampf gegen ESG-Fraud

Neben den erhöhten regulatorischen Anforderungen für die Unternehmen sind jedoch auch die Investoren selbst in der Verantwortung, um sich vor ESG-Fraud zu schützen. So ist es ratsam, dass diese selbst sorgfältige Prüfungen und Vergleiche durchführen, um die Zuverlässigkeit und Transparenz von ESG-Daten und -Initiativen zu gewährleisten. Nur mit diesem bewussten Engagement können die Investoren sich vor zukünftigem ESG-Fraud schützen und darauf vertrauen, dass ihre Anlagen sowohl finanziell ertragreich als auch ethisch und sozial verantwortlich sind.

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