Ausblick auf die EU-Produktsicherheitsverordnung und die EU-Batterieverordnung

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Nachhaltigkeit meets Compliance – Rückblick zum Summit ESG-Compliance 2023

04. Oktober 2023
Compliance
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Am 23.05.2023 wurde die Verordnung (EU) 2023/988, die sogenannte EU-Produktsicherheitsverordnung – GPSR, im EU-Amtsblatt veröffentlicht und am 18.08.2023 folgte das Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2023/1542 über Batterien und Altbatterien, die sogenannte BattVO. Während die GPSR gewährleisten soll, dass nur sichere nicht-harmonisierte Verbraucherprodukte in Verkehr gebracht werden, zielt die BattVO darauf ab, die negativen Umweltauswirkungen von Batterien zu verhindern bzw. zu vermindern.

Die Rechtsanwälte Michael Öttinger und Dr. Gerhard Wiebe nehmen für Sie in diesem Artikel die beiden Verordnungen unter die Lupe und nennen die wichtigsten Neuerungen, auf die Sie sich durch die EU-Produktsicherheitsverordnung und die EU-Batterieverordnung vorbereiten sollten.

Experte Michael Öttinger

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Rechtsanwalt | Produktkanzlei

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Experte Dr. Gerhard Wiebe

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Neuerungen durch die EU-Produktsicherheitsverordnung

Die GPSR legt den Rahmen für die Sicherheit von nicht-harmonisierten Verbraucherprodukten fest und gilt in Teilen auch für den harmonisierten Bereich (vgl. etwa Artt. 19, 20, 22 GPSR und Kapitel VIII). Mit dem Geltungsbeginn am 13.12.2024 löst die GPSR die Richtlinie 2001/95/EG, die sogenannte Allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie, und einen Großteil des ProdSG ab. Im Einzelnen sind die folgenden Neuerungen und Besonderheiten hervorzuheben:

Der EU-Gesetzgeber hat in der GPSR neue Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit von Produkten verankert. Dabei wurde erkennbar ein besonderes Augenmerk auf Elemente bei smarten Produkten gelegt, die bislang in Harmonisierungsrechtsvorschriften keinen Eingang gefunden haben und daher ebenso im harmonisierten Bereich Geltung entfalten werden.

Den Hersteller trifft für ausnahmslos jedes Produkt die Pflicht, eine interne Risikoanalyse durchzuführen und technische Unterlagen zu erstellen, die eine Produktbeschreibung und die für die Sicherheitsbewertung relevanten wesentlichen Eigenschaften umfassen (Art. 9 Abs. 2 Uabs. 1 GPSR). Der Hersteller hat die technischen Unterlagen für zehn Jahre aufzubewahren (Art. 9 Abs. 3 GPSR).

Auch die Verkehrsfähigkeit von nicht-harmonisierten Verbraucherprodukten ist künftig an die Existenz eines sog. EU-Wirtschaftsakteurs gekoppelt (Art. 16 Abs. 1 GPSR, Art. 4 Abs. 1 VO (EU) 2019/1020. Den EU-Wirtschaftsakteur, der bei Produkten aus EU-Drittländern regelmäßig der Einführer ist, treffen Prüf- und Kennzeichnungspflichten (vgl. Art. 16 Abs. 2, 3 GPSR).

Art. 20 GPSR statuiert eine neue Pflicht zur Meldung von Unfällen, die im Zusammenhang mit der Sicherheit von Produkten auftreten. Dabei obliegt es dem Hersteller, einen produktbedingten Unfall, der zum Tod oder zu Gesundheitsnachteilen führt, unverzüglich den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, in dem sich der Unfall ereignet hat, zu melden. Die Meldung erfolgt über das sogenannte Safety-Business-Gateway (Art. 20 Abs. 1 GPSR).

Bei der Bereitstellung von Produkten über Fernabsatzkanäle legt die GPSR besondere Informations- und Kennzeichnungspflichten fest (Art. 19 GPSR). Dies betrifft vor allem online vertriebene Produkte.

Auch Anbieter von Online-Marktplätzen sind nunmehr Pflichtenträger. Ihnen obliegt es etwa, eine zentrale Kontaktstelle zu benennen, über die die Marktüberwachungsbehörden mit ihnen kommunizieren können. Die Anbieter müssen sich außerdem auf dem Safety-Gate-Portal registrieren und dort die Angaben zu dieser Anlaufstelle hinterlegen (Art. 22 Abs. 1 GPSR).

Die Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen müssen sicherstellen, dass alle betroffenen Verbraucher, die sie ermitteln können, direkt und unverzüglich über Produktrückrufe und andere sicherheitsrelevante Themen informiert werden. Im Zusammenhang von Produktrückrufen ist auch die von der Wirtschaft heftig kritisierte Regelung in Art. 37 GPSR zu nennen, welche die Wirtschaftsakteure zu Abhilfemaßnahmen gegenüber Verbrauchern im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs verpflichtet. Unbeschadet zivilrechtlicher Ansprüche muss der für den Rückruf verantwortliche Wirtschaftsakteur den betroffenen Verbrauchern proaktiv bestimmte Abhilfemaßnahmen kostenlos anbieten.

Besonderheiten der neuen EU-Batterieverordnung

Die BattVO gilt grundsätzlich ab dem 18.02.2024, die meisten Pflichten sind jedoch frühestens ab dem 18.08.2024 einzuhalten. Zudem gibt es zahlreiche weitere, rollen- und pflichtenspezifische Übergangsvorschriften, die den Anwendungsbeginn teilweise nochmals deutlich nach hinten verlagern. So sind die Vorgaben zur erweiterten Herstellerverantwortung aus Kapitel VIII BattVO erst ab dem 18.08.2025 anzuwenden. Die Pflichten im Zusammenhang mit der Entfern- und Austauschbarkeit von Gerätebatterien und der digitale Batteriepass werden sogar erst am 18.02.2027 relevant.

Die BattVO gilt für alle Kategorien von Batterien, unabhängig von Form, Volumen, Gewicht, Gestaltung, stofflicher Zusammensetzung, Typ, chemischer Zusammensetzung, Verwendung oder Zweck, auch unabhängig davon, ob sie in andere Produkte eingebaut sind oder ihnen beigefügt werden oder dafür ausgelegt sind. Durch die beiden neu eingeführten Batteriekategorien – Batterien für leichte Verkehrsmittel und Elektrofahrzeugbatterien – gibt es nun fünf Batteriekategorien. Gerade im Hinblick auf Gerätebatterien sind die neu gefassten Kriterien, insbesondere in Abgrenzung zu Industriebatterien und Batterien für leichte Verkehrsmittel, zu beachten.

Im Vergleich zum BattG führt die BattVO mehrere neue Rollen ein und ändert bestehende Definitionen ab. Die zentrale Rolle für alle Nachhaltigkeits-, Sicherheits-, Kennzeichnungs- und Konformitätsbewertungspflichten kommt dem Erzeuger gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 33 BattVO zu. Hiervon zu unterscheiden ist der Hersteller nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 47 BattVO, der Hauptverantwortlicher für die Erfüllung der erweiterten Herstellerverantwortung ist. Auch dem Einführer gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 64 BattVO kommen künftig umfassende Prüfpflichten hinsichtlich der Erfüllung der Nachhaltigkeits-, Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten zu. Ebenso wird der Händler stärker in die Pflicht genommen. Auf Grund der Definition in Art. 3 Abs. 1 Nr. 65 BattVO ist damit nicht mehr nur der Letztvertreiber, sondern jeder, der Batterien auf dem Markt bereitstellt, gemeint, außer Erzeuger und Einführer.

Die von der BattVO auferlegten Pflichten sind zahlreich und hängen auch von der jeweiligen Rolle des Wirtschaftsakteurs ab. Zu den wesentlichen Pflichten gehören Nachhaltigkeits-, Sicherheits- und Kennzeichnungsanforderungen, was beispielsweise den CO2-Fußabdruck, Mindestrezyklatanteile, Leistungs- und Haltbarkeitskriterien, umfassende Kennzeichnungselemente und einen digitalen Batteriepass umfasst. Die erweiterte Herstellerverantwortung umfasst demgegenüber bestimmte Registrierungs-, Informations- und Rücknahmeverpflichtungen im Hinblick auf Altbatterien. Daneben werden mit den Art. 47 ff. BattVO Sorgfaltspflichten mit Blick auf die Lieferkette für Kobalt, natürlichen Grafit, Lithium und Nickel aufgestellt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem die BattVO ganz frisch in Kraft getreten ist und in vielen Bereichen regulatorisches Neuland betritt, sind noch viele Auslegungs- und Anwendungsfragen offen. Zudem enthält der Verordnungstext selbst an einigen Stellen offensichtliche Widersprüche und Regelungslücken.

Es wird abzuwarten sein, ob der europäische Gesetzgeber zeitnah eine umfassendere Berichtigung des Verordnungstextes angeht. Jedenfalls ist die EU-Kommission aktuell bereits dabei, einige der zahlreichen delegierten Rechtsakte zur BattVO vorzubereiten, die im Detail verfolgt werden sollten, da diese oftmals erst die inhaltlichen Details zur Umsetzung enthalten werden. Auch die erforderliche Anpassung des deutschen BattG in den kommenden zwei Jahren kann mit Spannung erwartet werden.

Auswirkungen der EU-Produktsicherheitsverordnung und EU-Batterieverordnung

Wie bereits die knappen Ausschnitte aus diesen beiden Rechtsbereichen zeigen, befinden wir uns gegenwärtig in einer Phase, in der sich die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr schnell und in einer beinahe atemberaubenden Intensität verändern, um mit der Dynamik der sich ständig verändernden Produktwelt schritthalten zu können. Damit werden sich sowohl Unternehmen als auch Gesetzgeber in Zukunft anfreunden müssen.

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