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Der Immobilienmarkt boomt, vor allem in Deutschland. Die Bundesrepublik gilt als sicherer Hafen. Doch das Angebot in den Metropolregionen wird immer knapper und auch kostspieliger. Immer mehr in- und ausländische Investoren setzen deshalb auf B- und C-Standorte. Doch welche Städte gehören zur Kategorie A und B? Und welche Vorteile kann ein Investment im Bereich Wohnimmobilien mit sich bringen?
Angebot und Nachfrage stimmen schon lange nicht mehr überein: Es gibt viele Miet- und Kaufwillige, aber nur wenige Objekte. Als Folge dessen explodieren die Preise und steigen von einem Rekordhoch zum nächsten. „In Berlin werden zwar viele Wohnungen neu geschaffen, doch der aktuelle Wohnungsbau wird die gestiegene Nachfrage nicht kompensieren können“, glaubt Jan Hebecker, Leiter Märkte und Daten bei ImmobilienScout24. Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen beziehungsweise zu finden, zieht es Immobiliensuchende und Investoren ins Umland der Metropolen.
Das erweiterte Umland von Großstädten wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart profitiert davon: Kleine und mittelgroße Städte mit guter Anbindung werden für Wohnungssuchende und Investoren immer interessanter. So rechnen Investoren in B-Städten wie Leipzig und Dresden, aber auch in C-Lagen mit besseren Mietrenditen, stabilen Preisen und guten Chancen für eine demografische Entwicklung.
Eine genaue Definition für die verschiedenen Standorte gibt es nicht. Die Branche ist sich zwar einig, dass als A-Städte Berlin, München, Frankfurt, Hamburg, Köln, Düsseldorf und Stuttgart gelten. Bei den anderen Klassifizierungen gibt es jedoch unterschiedliche Definitionen und Meinungen.
Laut Analysehaus Bulwiengesa sind B-Standorte Großstädte mit 250.000 bis 650.000 Einwohnern, denen eine nationale und regionale Bedeutung zukommt. Darunter fallen beispielsweise Augsburg, Freiburg, Kiel, Bremen und Bonn.
C-Städte sind hingegen Standorte mit regionaler, jedoch eingeschränkt nationaler Bedeutung, die eine wichtige Ausstrahlung auf die Umgebung aufweisen. Beispiele sind hier Aachen, Erfurt, Mainz, Saarbrücken.
Oft wird auch innerhalb von Stadtregionen von A-, B- und C-Lagen gesprochen.
Ein positiver Wanderungssaldo als Bewertungskriterium für B-Lagen ist ein guter Indikator. Das bedeutet konkret: Es gibt mehr Zuwanderung als Abwanderung. Wer dann noch das Ergebnis ins Verhältnis zur Einwohnerzahl setzt, bekommt einen guten Anhaltspunkt für die Bewertung. Und wieder zeigt sich: Ostdeutsche Metropolen wie Leipzig und Dresden schneiden laut FERI-Studie deutlich besser ab als das beliebte München und sind für Investoren und Wohnraumsuchende interessant.
Dresden hat mit 9,5 den positivsten Wanderungssaldo, deutlich mehr als in der restlichen Bundesrepublik. So zogen beispielsweise in den letzten Jahren über 50.000 Menschen mehr in Dresden ein als aus. Begründet wird dieses Ergebnis durch die stetig wachsende Industrie in Ostdeutschland sowie die ständig besser werdende Infrastruktur und das wachsende Bildungsangebot. Das Ergebnis freut besonders Investoren, denn Neuankömmlinge brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum.
Damit die B-Lagen bei Wohnungssuchenden und damit auch für Investoren interessant bleiben, müssen sie (potenziellen) Einwohnern viel bieten: Bildungseinrichtungen, Kulturgüter, Arbeitsplätze, stetig wachsende Industrie, Freizeitattraktionen und ein schönes Umland sind nur einige Faktoren, um „the place to be“ zu bleiben.
Das IW hat im Auftrag des Zentralen Immobilienausschusses mit Thomas Daily herausgefunden, dass die erste Wahl der Investoren auf die B-Lagen fällt. Warum ist das so? Zum einen sind Immobilienobjekte mit vergleichbarer Qualität in B-Städten einfach günstiger als in zentralen Lagen der Big-7. Auch Prof. Dr. Tobias Just von der IREBS Immobilienakademieerklärt, dass sich B- und C-Städte meist lediglich in ihrer Größe von A-Städten unterscheiden.
Zwar ist der Immobilienmarkt nicht so liquide wie bei A-Standorten, was zu einem größeren Risiko bei einem kurzfristigen Verkauf führt. Zudem gelten B- und C-Städte als intransparent, da vergleichsweise wenig Daten über Mieten, Renditen oder Transaktionen verfügbar sind. Doch Professor Just erklärt, dass die fehlende Liquidität sowie die Intransparenz auch Vorteile mit sich bringen: In Zeiten billiger Kredite können die Preise nicht durch große Investitionsgesellschaften mit viel Fremdkapital in die Höhe getrieben werden. Zudem weisen B- und C-Städte geringere Preisschwankungen auf als die A-Standorte wie Berlin und Hamburg.
Als ein Risiko für B-Lagen und Investoren gilt die Fair Value Rendite. Liegt das Rendite-Niveau deutlich unter fairen Mietrenditen drohen eine Überbewertung und die Frage nach der Rechtfertigung. Auch die Volatilität bedingt durch die verarbeitende Industrie birgt ein Risiko. So bedeuten große Wachstumspotenziale gleichzeitig auch Anfälligkeiten für konjunkturelle Schwankungen und damit einhergehend auch eine mögliche Abwanderung von Einwohnern: Mieteinnahmen fallen weg und Wohnungen stehen leer.
Auch von guten Wirtschaftszahlen sollten sich gerade Investoren nicht zu stark beeinflussen lassen: Es droht die Gefahr, dass mehr Wohnraum geschaffen als benötigt wird. Geschieht dies, herrscht ein Überangebot, was zu fallenden Preisen und damit niedrigen Renditen führt.
Zu guter Letzt sollten Investoren das politische Risiko der Mitpreisbremse nicht außer Acht lassen, wodurch gerade bei Neuvermietungen preisliche Grenzen gesetzt werden und die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen von Bestandsimmobilien sinkt.
Michael Fleck ist seit 2014 als Associate bei Cushman & Wakefield LLP tätig und bundesweit zuständig für die käufer- und verkäuferseitige Beratung bei Immobilientransaktionen außerhalb von Hamburg, Berlin, München und Frankfurt. Der Volljurist und Immobilienökonom IRE|BS verfügt über mehr als 12 Jahre Berufserfahrung im Real Estate-Bereich. Wir haben ihn zum Thema B-Lagen befragt.
Herr Fleck, wenn sich teilweise höhere Renditen in B-Städten erzielen lassen, ist die Einordnung in A-, B- und C-Standorte dann nicht überholt?
Die Sicht auf die B-Märkte hat sich insgesamt verändert. Derzeit wird diskutiert, ob die klassische Einteilung deutscher Städte in A-, B-, C- und D-Standorte noch zeitgemäß ist, da diese Clusterung die Entwicklung der letzten 20 Jahre nicht mehr richtig widerspiegelt. So haben sich einige Städte in den Peripherien der Metropolen als demografisch starke Wohnstandorte etabliert. Andere B-Städte sind hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Stärke durchaus auf Augenhöhe mit den Top-Standorten. Aufgrund des nach wie vor Chancen bietenden Rendite-Spreads zu den Top-Städten und aufgrund ihrer immer besseren Marktkenntnisse investieren daher neben den regionalen und lokalen Investoren, bei denen es sich üblicherweise um Eigennutzer beziehungsweise ausgewiesene Kenner der lokalen Märkte handelt, auch viele institutionelle Investoren in B-Standorte. Früher oft geltend gemachte Gründe wie die Intransparenz dieser Märkte beziehungsweise die ihnen unterstellte größere Illiquidität, die gegen ein solches Engagement sprachen, haben heute kaum noch Gültigkeit.
Sind für Investoren also auch B- und C-Städte in Deutschland von großem Interesse?
Der Nachfrageüberhang bei Immobilieninvestitionen hatte in der Vergangenheit erhebliche Kaufpreissteigerungen durch sämtliche Nutzungsklassen zur Folge. In der Konsequenz liegt die Spitzenrendite in den nach wie vor gefragtesten deutschen Top4-Märkten daher teilweise bei unter drei Prozent. Aufgrund dieser Entwicklung weichen immer mehr Investoren auf die sogenannten B-Standorte aus, wie beispielsweise:
Hannover
Münster
Bonn
Die Städte des Ruhrgebiets Essen und Dortmund
Des Rhein-Neckar Gebiets Mannheim und Heidelberg
Die Metropolregion Nürnberg
Dresden und Leipzig
Im Vergleich zu den sieben größten Immobilienmärkten Deutschlands bieten diese Städte bei ebenfalls besten Fundamentaldaten attraktive Investitionsmöglichkeiten.
Welche Stadt könnte also Ihrer Meinung nach München und Berlin den Rang ablaufen, wenn es um (Spitzen-)Renditen geht?
In Städten wie Berlin und München liegt die Spitzenrendite in dezentralen Lagen in Q1 2018 zwischen 3,5 und 4 Prozent. Dies führt viele Investoren an die Grenze der benötigten Mindestrendite. Gleichzeitig notieren die Spitzenrenditen in einigen B-Städten bei rund 4,2 bis 4,5 Prozent (Mannheim: 4,3 Prozent; Münster: 4,5 Prozent; Leipzig: 4,3 Prozent) und weisen somit einen Rendite-Spread zu den Top-Standorten von 20 bis 100 Basispunkten je Standort auf.
Ein solcher Spread veranschaulicht das weiterhin vorhandene Aufholpotential dieser Märkte. Eine künftig weitere Annäherung der Spitzenrenditen ist deshalb zu erwarten.
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