Das Impostor-Syndrom – nur was für Hochststabler?

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08. April 2024
Personal, Soft Skills
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Das Impostor-Syndrom (engl. Imposter-Syndrome) – eigentlich kennen wir es alle. Oft wird es beschrieben als das Gefühl, ein Hochstabler zu sein. Viele werden sich jetzt vielleicht denken: „Aber ich fühle mich doch gar nicht als Hochstabler und Betrüger, also zumindest nicht immer und auch nicht vor dem Gesetz!“ Doch das Imposter-Syndrome ist mehr als diese etwas sperrig erscheinende, akademische Definition des Hochstabler-seins. Das sogenannte Hochstabler-Phänomen ist im Grunde nichts anderes als das in unserer Gesellschaft weit verbreitete Gefühl, nicht gut oder wertvoll genug zu sein, und all das Glück, das einem im Leben begegnet, in Wahrheit gar nicht verdient zu haben. Was uns dazu bringt, uns als Hochstabler zu fühlen und warum dieses Problem nicht nur Frauen betrifft – dieses und vieles mehr erfahren Sie in diesem Beitrag.

Hochstabler-Phänomen – betrifft es uns alle?

Kennen Sie das? Sie haben nach langer schwerer Arbeit ein Erfolgserlebnis. Anstatt sich aber auf die Schulter zu klopfen oder mit sich selbst darauf anzustoßen, denken Sie vielleicht, dass Sie das bestimmt auch besser machen könnten. Oder vielleicht denken Sie auch, dass nicht allein ihr Talent und ihre Fähigkeiten zu diesem Erfolg geführt haben, weil da schon auch viele andere Teammitglieder auf der Arbeit unterschwellig mitgewirkt haben und Sie sich ja auch Monate lang auf diesen Moment vorbereitet haben. Wenn man sich so lange und so gründlich auf etwas vorbereitet hat, dann kann das ja auch wirklich jeder schaffen, denken Sie?

Damit sind Sie nicht allein. Dieses sogenannte Impostor-Phänomen tritt bei uns allen auf, bei manchen mehr, bei anderen weniger. Stark betroffene Personen entwickeln perfektionistische Ansprüche an sich selbst, denen sie niemals gerecht werden können. Jeder Erfolg, jeder Schritt nach oben auf der Karriereleiter vergrößern die Verantwortung, die auf den Betroffenen und ihrem kleinen Selbstbewusstsein lastet. Damit vervielfachen sich deren perfektionistische Ansprüche an sich selbst, mit welchen sie versuchen dieser übergroßen Verantwortung irgendwie doch noch gerecht zu werden. Das Internalisieren von Erfolgen scheint vollkommen unmöglich und auch das Annehmen von Komplimenten und Lob eine Mammutaufgabe. Wer meint, ein Betroffener übe sich nur im sogenannten „phishing for compliments“, liegt falsch. Hier ist tatsächlich das Kompliment der Gegner der Betroffenen, nicht derjenige, der es macht. Eine starke Ausprägung des Imposter-Syndrome ist auch nicht mit einer Prüfungsangst gleichzusetzen. Während eine Prüfungsangst nur in bestimmten Trigger-Momenten auftritt, ist das Impostor-Syndrom universell verfügbar, in jeder Situation, in der den Betroffenen klar wird, welche Erwartungen auf ihnen lasten.

Imposter-Syndrome – eine Krankheit oder vielleicht doch nicht so schlimm?

Dennoch ist die Bezeichnung Impostor-Syndrom (engl. Imposter-Syndrome) irreführend. Zwar handelt es sich dabei um eine psychische Störung, jedoch nicht, wie der Name vermuten lässt, um eine Erkrankung. Das Imposter-Syndrome beeinträchtigt keine lebenswichtigen Funktionsfähigkeiten, anders, wie beispielsweise eine Essstörung, wobei die Nahrungsaufnahme derart erschwert sein kann, dass ein Mensch darunter verstirbt.

Haben wir alle einen an der Klatsche?

1978 wurde das Imposter-Syndrome erstmals von den amerikanischen Psychologinnen Pauline Clance und Suzanne Imes als solches benannt. Jahre später schwappte die Bezeichnung durch das Aufkommen des sogenannten Self-Care-Trends auch nach Deutschland über, wurde allerdings von der Wissenschaft lange Zeit nicht beackert. Nun, da die Forschung zu diesem Begriff aufgekommen ist, steckt eben jene noch in den Kinderschuhen. Das wir alle mehr oder minder davon betroffen sind – egal welchen Alters, Berufs oder mit welchem Intelligenzquotienten – ist klar. Doch woran verlässlich abgemessen oder bestimmt werden kann, dass die Ausprägung des Impostor-Syndroms gefährliche Ausmaße angenommen hat, ist noch unklar. Es schwirren zwar im Netz so einige Selbsttests durch die Gegend, wissenschaftlich fundiert und verlässlich sind diese aber nicht. Ursprünglich, in der Zeit von Pauline Clance und Suzanne Imes, galten Frauen im Akademikerumfeld als besonders stark betroffen. Das war so, weil damals nur Frauen darauf untersucht wurden.  Das Bild der negativen Weiblichkeit, von der Frau, die nichts weiß und nichts kann, lieber zu Hause am Herd anstatt am Rednerpult im Hörsaal stehen sollte, war und ist in unserer Gesellschaft immer noch weit verbreitet. Viele Frauen passen sich daran an. Anders als Männer treten sie zum Beispiel selten dominant in Gehaltsverhandlungen ein. Dessen ist sich die Gesellschaft bewusst und schreibt somit auch das Imposter-Syndrome ohne viel nachzudenken den allgemeinen Frauenproblemen zu. Eine Folge dessen war, dass es sehr lange dauerte, bis man auf die glorreiche Idee kam, dass es sich lohnen könnte, auch Männer auf dieses Phänomen hin zu untersuchen.

Ja, wir haben alle einen an der Klatsche – aber warum?

Generell tritt das Impostor-Phänomen vor allem bei sogenannten Vorreitern auf. Das sind Menschen, die etwas machen, von dem sie nicht die Erfahrung gemacht haben, dass Ihresgleichen so etwas tut: Erstakademiker aus Arbeiterfamilien, Männer in typischen Frauenberufen, Frauen in typischen Männerberufen oder allgemein überhaupt mit irgendwelchen Berufen, Auswanderer, Sektenaussteiger, usw – die Liste ist unendlich lang. Das Impostor-Phänomen kann dazu führen, dass die gesellschaftlichen Probleme dahinter kleingeredet, ignoriert oder allein den Betroffenen zugeschrieben werden. „Stop telling women they have Impostor“, fordern deswegen die Autorinnen Ruchika Tulshyan und Jodi-Ann Burey in der Harvard Business Review. Das Gefühl, nicht gut genug zu sein, kommt nicht einfach so bei den Betroffenen auf, es wird vom Umfeld um sie herum ausgelöst. Es wird durch Diskriminierung provoziert.

Wenn Impostor zum Problem wird

Auch wenn es sich nicht offiziell um eine Krankheit handelt und lebenswichtige Funktionsfähigkeiten nicht automatisch hierdurch angegriffen werden, so ist das Hochstabler-Syndrom doch mit Vorsicht zu genießen. Stark betroffene Personen erbringen aufgrund ihres gesteigerten Perfektionismus Höchstleistungen. Das führt dazu, dass ihre Umwelt diese anerkennt und die Erwartungen an die Betroffenen nach oben korrigiert. Vielleicht eine verantwortungsvollere Position in der Firma, ein Zertifikat, ein neuer Job oder auch ein Ehrenamt führen infolgedessen dazu, dass auch die Betroffenen die Erwartungen an sich um ein Vielfaches nach oben schrauben. Sie leiden unter der Anerkennung und den damit vielleicht auch vermeintlich verbundenen Erwartungen. Sie arbeiten noch mehr, strengen sich noch stärker an, damit alle bloß nicht merken, dass sie sich selbst für die größten Looser halten. Dies kann einen Burnout und ernsthafte psychische Erkrankungen zur Folge haben.

Was den Betroffenen bleibt

Das Hochstabler-Syndrom kann auch positive Seiten mit sich bringen. Neben objektiv gesehen extrem hart arbeitenden und erfolgreichen Mitarbeitern, Chefs, Vorgesetzten und Abteilungsleitern, erhöht Imposter die Empathiefähigkeit der Betroffenen ihren Mitmenschen gegenüber. So werden Impostor-Betroffene oft als besonders sympathisch empfunden.

Wer darunter allerdings leidet, dem helfen diese Ratschläge natürlich wenig. Wenn Impostor-Gefühle zur Prüfung für den eigenen Alltag werden, lohnt sich ein Gang zum Psychologen. Auch die Vernetzung mit anderen Betroffenen und Vorreitern und der Austausch über diese Minderwertigkeitsgefühle können hilfreich sein. Das Wissen um das Impostor-Syndrome kann auch helfen, zu erkennen, dass diese Gefühle nichts mit der Realität zu tun haben. Ein realistisches Gefühl für die eigenen Erfolgsleistungen zu entwickeln, ist für Betroffene eine äußerst herausfordernde Aufgabe, aber auch das hat einigen bereits geholfen.

Wir als Gesellschaft sind in der Verantwortung

Eine gut etablierte und gestärkte Fehlertoleranzkultur im eigenen Unternehmen und ein bewussterer Umgang mit Erwartungsformulierungen an Angestellte und Unternehmensangehörige kann – sogar in der Impostor-Problemzone „Uni“ – Wunder bewirken. So sarkastisch das nebenstehende Video von Browser Ballett doch zu sein scheint, es hat doch einen sehr ernsthaften, wahren Kern. Wie schön wäre es doch, das tun zu dürfen, was wir gerne tun und vielleicht auch gut können, allerdings ohne die große Verantwortung zu tragen, die damit einhergeht? Vor allen dann, wenn diese Verantwortung zur Bürde wird, der wir niemals gerecht zu werden meinen, kann ein einfacher Praktikumsplatz im Unternehmen rettend erscheinen.

Menschen müssen sich an ihrem Arbeitsplatz auf eine Weise gehalten und getragen fühlen, um nicht kaputt zu gehen und sich selbstbewusst zu persönlichen Höchstleistungen zu entwickeln. Dabei sind Erwartungshaltungen und damit einhergehende, negative Gefühle bei den Betroffenen doch schon durch so einfache Aussagen impliziert: „Ich bewundere dich dafür, dass du als erste Akademikerin in deiner Familie, so eine große Karriere machst!“ Vermutlich aufrichtig kommunizierte Bewunderung, und doch vermittelt es dem Gegenüber, dass das, was es tut, nicht der Normalität entspricht. Vorurteile vegetieren oft unbemerkt in unserem Unterbewusstsein vor sich hin.

Fragen Sie sich doch selbst einmal: „Wie stelle ich mir einen typischen Uniprofessor vor?“ Wie viele von uns haben jetzt einen alten weißen Mann mit Rauschebart und weißem Doktorkittel vor Augen und nicht eine junge, farbige Frau in Jogginghose? Diese unterbewussten Vorstellungen darüber, welche Menschen an welche Orte unserer Gesellschaft gehören, führt dazu, dass Personen, die für uns dort vermeintlich nicht hingehören, sich besonders stark anstrengen müssen, um von uns dort akzeptiert zu werden.

Gibt es eine Lösung zum Imposter Syndrom in unserer Gesellschaft?

Eine Lösung des Impostor-Problems ist also nicht ganz so einfach. Lösen müssen wir es aber auch eigentlich gar nicht, denn es ist ja normal, menschlich. Es reicht, wenn wir uns das Phänomen „Imposter-Syndrome“ bewusst machen und versuchen, es bei unserem Gegenüber weitgehend in Schach zu halten, durch das, was wir sagen, und das, was wir tun.

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Über die Autorin

Lena Rapp

Lena Rapp ist seit 2023 Auszubildende bei Management Circle. Im Rahmen ihrer Ausbildung unterstützt sie aktuell unsere Marketing-Abteilung. Die Suche nach dem entscheidenden Wort, dem Satz oder der einen Ausdrucksweise, die das Gemeinte auf den Punkt bringt und mitunter aus einfachen Buchstaben, Wörtern und Sätzen Magie werden lässt, ist eine ihrer großen Leidenschaften. Mit diesem Talent und ihrer durchdachten, rationalen und strukturierten Denk- und Arbeitsweise bereichert sie unser Marketing-Team sehr.

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