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Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil zur Erfassung der Arbeitszeit eine große Debatte rund um Vertrauensarbeitszeit ausgelöst. Wir erklären Ihnen, welche jetzt Regelungen für Unternehmen gelten und was auf Sie als Personaler zukommt.
Aufgrund einer Klage der Deutschen Bank in Spanien wurde entschieden, dass Unternehmen dazu verpflichtet sind, die Anwesenheit ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. Die Begründung für diese Entscheidung liegt darin, dass Arbeitgeber nur so die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze sicherstellen könnten. Wer nicht weiß, wie lange die Mitarbeiter im Detail täglich und wöchentlich arbeiten, kann laut Gericht auch nicht gegensteuern.
Die bisherigen Gesetze verpflichteten Arbeitgeber nur dazu, die Überstunden der Mitarbeiter zu dokumentieren, also alles, was über die Arbeitszeit von acht Stunden hinaus ging. Damit war es für Beschäftigte im Ernstfall aber schwer, die tatsächliche Anwesenheitszeit nachzuweisen. Das soll sich mit dem neuen Urteil ändern.
Was die Entscheidung für Arbeitgeber im Detail bedeutet, muss erst noch geklärt werden, wenn die Bundesregierung das Urteil in unsere geltenden Regelungen aufgenommen hat. Fest steht aber, dass gerade kleine und mittelständische Firmen noch Nachholbedarf haben. Bisher erfasst nämlich laut dem DGB jeder fünfte Arbeitnehmer seine Anwesenheitszeiten nicht. Und das dürften vor allem Betriebe mit wenigen Mitarbeitern sein, in denen es keinen Betriebsrat oder eine tarifliche Regelung gibt. Im Vertrieb oder im Event-Management sind Stoßzeiten und Überstunden an der Tagesordnung und werden für viele Arbeitgeber zum Problem, denn man müsste viel mehr Personal bereitstellen, um die Regelungen einzuhalten.
Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitnehmer nach sechs Stunden zu einer Pause, die mindestens 30 Minuten dauert. Bei mehr als neun Stunden Arbeit muss die Pause sogar 45 Minuten dauern, wobei man diese Zeit nicht am Stück pausieren muss. Kleine Pausen von 15 Minuten sind auch zulässig.
Die Hälfte der beschäftigten Männer liegt laut Statista bei einer 40-50 Stunden-Woche, bei den Frauen ist es etwa ein Drittel. Bei 24 Prozent der Männer beträgt die wöchentliche Arbeitszeit sogar über 50 Stunden pro Woche. Eine solch hohe Arbeitszeit leisten dagegen nur sieben Prozent der Frauen.
Gerade in Unternehmen ohne Betriebsrat ist die Dunkelziffer der Überstunden sicher sehr hoch. Viele Firmen können es sich nicht leisten mehr Mitarbeiter einzusetzen, sodass Mehrarbeit die logische Konsequenz ist. Manche Arbeitnehmer haben Fristen, die die Einhaltung einfach nicht zulassen, sodass es auch vorkommt, dass man nach dem Ausstechen noch weiterarbeitet oder zu Hause die E-Mails beantwortet, die man am Tag nicht mehr geschafft hat.
Arbeitnehmer haben in erster Linie die Bedenken, dass eine Dokumentation ihrer Arbeitszeit zur Überwachung durch den Arbeitgeber führt. Was aber gibt es zu befürchten, wenn man doch seine vertraglich geregelten Zeiten einhält? Wer sich nichts zu Schulden kommen lässt, der braucht das Urteil nicht zu fürchten und kann sich entspannt zurücklehnen. Vielmehr wird demjenigen Recht geschaffen, der unbezahlt länger bleibt und dafür keinen Freizeitausgleich bekommt. Auch Mitarbeiter, die es mit der Arbeitszeit nicht ganz so genau nehmen und gerne mal früher den Stift fallen lassen, können so entlarvt werden.
Die Erfassung der Arbeitszeit könnte weniger Aufwand darstellen, als viele Kritiker des Urteils befürchten. Es gibt Systeme, die es ermöglichen im Homeoffice, über das Intranet oder per App die Anwesenheit zu dokumentieren. Für den Außendienst oder Mitarbeiter, die keine festen Arbeitszeiten im Büro haben, stellt das Ein- oder Ausloggen gar keine Schwierigkeit dar. Aber zunächst gilt es sowohl für Arbeitnehmer, als auch für Arbeitgeber: Abwarten. Bis das Urteil sich in ein Gesetz wiederspiegelt, sollten keine voreiligen Systeme eingeführt werden, die hinterher nicht alle Anforderungen abbilden.
Als Senior Marketing Managerin ist Claudia Blum Expertin für Content- und Direktmarketing. Die Sport- und Reisebegeisterte baute den Management Circle Blog mit auf und schreibt seit der ersten Stunde leidenschaftlich über die Themen Soft Skills, Personal und Produktion.
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