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Der Kampf um Kunden und Marktanteile ist aktuell härter denn je. Hersteller schärfen die Profile ihrer Handelsmarken und werden damit Marken-ähnlicher. Das Ziel dabei: Nicht mehr nur zu wachsen, sondern richtig Geld zu verdienen. Doch wie sieht die andere Seite aus? Was müssen die Hersteller etablierter Markenartikel jetzt tun, um gegenüber der zunehmenden Macht von Eigenmarken bestehen und Kunden von sich überzeugen zu können? Marketing-Experte Hermann G. Sievers gibt in diesem Beitrag Antworten!
Während meiner Traineezeit bei Unilever vor gut 30 Jahren wurde uns angehenden Marketeers eingetrichtert: Erfolgreiche Marken müssen Alleinstellungsmerkmale und einen konsumenten-relevanten Mehrwert besitzen. Vereinfacht: Anders oder besser sein als die Konkurrenz. Manche Hersteller interpretierten „anders“ mit „billiger“. Der Überlebenskampf begann. Auf „billiger“ setzten naturgemäß auch die Eigenmarken des Handels. Damals mit mehr oder weniger gelungenen Nachbauten von Markenartikeln eher eine Randnotiz als ein ernst zu nehmendes Phänomen.
Wie dramatisch anders ist die Gegenwart: Mit fast 40 Prozent Marktanteil (Wert) in Deutschland sind sie ein entscheidender Faktor geworden und zudem von den Konsumenten wegen ihres guten Preis-Leistungsverhältnisses längst geschätzt. Müssen Markenartikel-Companies Angst haben vor dieser Entwicklung?
Zunächst: Warum führen Händler eigene Marken? Nun, sie wollen sich vom Wettbewerb differenzieren, zudem durch mehrstufige Architekturen und Besetzung von Nischen Sortimentskompetenz dokumentieren und natürlich mehr Wertschöpfung generieren. Darüber hinaus sehen sie ihre Verhandlungsposition gestärkt, auch und gerade in der konditionellen Auseinandersetzung mit der Markenartikel-Industrie.
Handelsunternehmen managen ihre Eigenmarken professionell, werden auch hier Marken-ähnlicher. Sie denken und handeln zunehmend in Sortimentskonzepten. Kopien von Markenprodukten sind zwar nach wie vor üblich, aber eher im Preiseinstieg beheimatet.
In Zusammenarbeit mit kompetenten Lieferanten – normalerweise verfügen Retailer ja nicht über eigene Produktionsstätten – werden Trends wie vegetarische/vegane Ernährung, Free from, Snacking oder Gourmet mit kompletten Sortimenten unter Themen-bezogenen, Kategorie-übergreifenden Eigenmarken besetzt. Gelegentlich gelingen sogar echte Neuheiten. Vor allem in Sortimentsbereichen wie zum Beispiel Frische-Convenience inklusive On-the-go, in denen es kaum echte Marken gibt.
Diese Entwicklung bedeutet eine Gefahr für nur „markierte“ Artikel, das heißt ungenügend profilierte Marken. Marken brauchen eine Daseinsberechtigung, um neben den Eigengeschöpfen des Handels bestehen zu können. Also eine hinreichende Akzeptanz beim Konsumenten wie auch bei den Händlern. Was ist zu tun?
Als kleine Anregung nachfolgend in Kurzform einige Taktiken, die detaillierter in meinem Buch „Marketing für Handelsmarken“ beschrieben sind:
Bleiben oder werden Sie die Nr. 1 in Ihrer Kategorie. Marktführer sind vom Wachstum der Handelsmarken am wenigsten betroffen.
Eindeutige Positionierung vorausgesetzt, kommunizieren Sie attraktiv die spezifischen Produkt- und emotionalen Eigenschaften Ihrer Marke beziehungsweise des jeweiligen Produktes. Werbung für eine Handelsmarke ist oberflächlicher, muss primär auf die Händlermarke einzahlen und wird daher nicht auf das individuelle Produkt eingehen. Zudem ist deren Kauf und Verwendung eher rational geprägt.
Bringen Sie Innovationen und Produktneuheiten unter Ihrer stärksten Marke und verschwenden Sie gute Ideen nicht an einer schwachen. Ein kontinuierlicher Strom von kleinen, verbraucherrelevanten Verbesserungen wie auch sinnvolle Line-Extensions führen dazu, dass die Eigenmarken immer etwas hinterherhinken. Die Marktforschung belegt: Handelsmarken sind erfolgreicher in Kategorien mit niedriger Innovationsrate.
Fragmentieren Sie Ihre Kategorie mit der Einführung weiterer Varianten. Diese werden vermutlich weniger Absatz generieren als die Hauptvarianten, führen aber meist zu mehr Facings. Und da Händler üblicherweise nur die Schnelldreher unter Eigenmarken anbieten, bleiben die neuen Varietäten den Markenartikeln vorbehalten.
Last but not least sind auch Listungen bei Discountern ein Mittel zum besseren Ausschöpfen des Marken-Potentials. Aber: Dieses Vertriebsformat ist aufgrund des geringen Sortimentsumfangs sehr wählerisch bei der Neulistung von Markenartikeln. Auch hier werden profilierte Top-Marken bevorzugt.
Also, was vor 30 Jahren galt, stimmt heute umso mehr: Positionieren Sie Ihre Marken eindeutig, seien Sie wahrhaftig innovativ und unternehmen Sie alles, damit die Konsumenten das Besondere oder Bessere an Ihren Markenartikeln wahrnehmen. Gegenüber der Konkurrenz – und natürlich der Handelsmarke.
2020 trafen sich zum 5. Mal Vertreter aus Industrie und Handel, um aktuelle Trends im Private-Label-Segment zu diskutieren und sich auf zukünftige Herausforderungen für den Handel vorzubereiten. Neben Rossmann, IKEA oder Nestlé kamen auch Startups sowie die Bereiche Baumarkt oder Pharma zu Wort. Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir für Sie zusammengefasst!
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