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Kein Gesetz hat in der jüngeren Vergangenheit für mehr Emotionen, kontroverse Diskussionen und politischen Sprengstoff gesorgt, als die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes. Im Volksmund auch als „Habecks Heizungsgesetz“ bekannt, wurde es im Oktober 2023 beschlossen und ist am 01.01.2024 in Kraft getreten. Grundsätzlich muss nun jede neu eingebaute Heizung mindestens 65 % erneuerbare Energien nutzen.
Die Angst geht um, dass damit auf Bestandsimmobilien enorme Modernisierungskosten zukommen. Zudem sorgte die mediale Begleitung des GEG dafür, dass das Thema Energieeffizienz bei Gebäuden stark in den Fokus von Kaufinteressenten gerückt ist. Grund genug, die Änderungen unter die Lupe zu nehmen.
Diplom-Immobilienwirt Andreas Habath gibt in diesem Gastbeitrag einen Überblick über die Novellierung des Gebäudeenergiegesetztes und verrät unter anderem, womit sich Immobilieneigentümer jetzt auseinandersetzen sollten.
Übrigens: In unserem 3 Stunden Booster-Seminar „Immobilienbewertung und das neue Gebäudeenergiegesetz“ geht Andreas Habath noch genauer auf die Bewertungspraxis nach dem GEG ein.
Kernpunkt der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes ist der Einstieg in die Wärmewende. Ab dem 01.01.2045 ist der Einbau von Heizungen mit fossilen Energieträgern verboten. Es bleiben rund 20 Jahre Zeit, um den Gebäudesektor klimaneutral zu gestalten. Nach Angaben des Umweltbundesamtes wurden rund 75 % aller Wohngebäude vor 1978 und damit vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet. Statistiken belegen, dass davon etwa 70 % nicht energetisch modernisiert sind und lediglich ca. 1,5 % des Gebäudebestandes pro Jahr saniert wird. Das klingt sehr ambitioniert und verbreitet bei Eigentümern wie Käufern verständlicherweise Unruhe.
Die Ausnahmeregelungen (z.B. Härtefälle), Übergangsfristen (5 Jahre) und Förderprogramme (max. 70 %) mildern deutlich den Umstieg auf klimafreundliche Heizungslösungen ab. Niemand muss sofort eine neue Heizung einbauen - schon gar nicht - wenn er sich diese nicht leisten kann. Gleichwohl wächst der Druck auf den Gebäudesektor und damit auch auf die Notwendigkeit von Modernisierungsmaßnahmen. Übrigens können Modernisierungskosten bei vermieteten Immobilien bis zu 10 % auf die Mieter umgelegt werden (vgl. § 559e BGB). Von den Investitionskosten sind allerdings die erhaltenen Förderungen abzuziehen. Außerdem wird die Mieterhöhung auf max. 0,50 €/qm/WF/Monat binnen sechs Jahren gedeckelt. Des Weiteren sind steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu beachten.
Die sogenannten Nachrüstpflichten betreffen neben der Pflicht zum Austausch der Heizungsanlage weitere Bauteile:
Zudem muss beim Modernisieren oder dem erstmaligen Einbau von Außenbauteilen (Wände, Fenster, Außentüren) der jeweilige Mindest-Wärmedurchgangskoeffizient eingehalten werden. Ausgenommen sind Kleinreparaturen, die nicht mehr als 10 % der gesamten Fläche der jeweiligen Bauteilgruppe ausmachen. Für Eigentümer von Ein-/Zweifamilienhäusern besteht zudem die Auflage ein Informationsgesprächs mit einem qualifizierten Energieberater zu führen.
Durch das Gebäudeenergiegesetz sowie steigende Bewusstsein in der Gesellschaft, wächst das Interesse am energetischen Zustand eines Gebäudes. Meist wird dies durch den Energiekennwert im Energieausweis zum Ausdruck gebracht. Je höher der Energiekennwert ist, umso größer wird der Abschlag auf die Kaufpreishöhe. Bereits seit Jahren gibt es in Deutschland Mietspiegel, die die energetische Qualität als Wohnwertmerkmal ausweisen. Neubauten oder modernisierte Gebäude haben dadurch einen höheren Mietwert. Dies alleine führt in der Wertermittlung auch zu höheren Immobilienwerten (Ertragswerten).
Seit der zweiten Jahreshälfte 2022 sinken flächendeckend die Immobilienpreise. Das Zinsniveau und die Inflation sind hierfür maßgeblich. Damit einhergehend ist auch die Nachfrage nach Immobilien stark gesunken. In Berlin sind von Q3/2022 bis Q3/2023 rd. 25 % weniger Häuser und Wohnungen verkauft worden. In dieser Situation gewinnt die Qualität eines Gebäudes mehr an Bedeutung. Drohende Sanierungspflichten aus dem GEG, Ressourcenknappheit, Fachkräftemangel bei Handwerkern führen zu einer nie dagewesenen Sensibilität des Gebäudezustandes. Nicht so vergessen die stark gestiegenen Energiepreise und ab 2024 der Wegfall der Energiepreisbremse. Je mehr eine Immobilie verbraucht, umso geringer ist die Nachfrage und die Kaufpreishöhe. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der Preisunterschied zwischen sanierten und unsanierten Gebäuden 20 % bis 50 % je nach Lage und Marktnachfrage beträgt.
Für die kommenden Jahre muss mit einer weiteren Ausdifferenzierung des Wohnungsmarkts anhand der Energieeffizienzen gerechnet werden.
Jeder Immobilienbewerter hat nach § 2 Abs. 3 ImmoWertV die energetische Beschaffenheit der baulichen Anlagen zu prüfen und zu bewerten. Spätestens ab 2024 sollte in jedem Gutachten die Qualität der Heizungsanlage und der Außenbauteile ausführlich dokumentiert werden. Bei älteren Gebäuden und Anlagen sind entsprechend GEG marktübliche Abschläge zu kalkulieren. Mit marktüblich ist eine separate Marktanpassung gemeint. Diese kann sich aus dem Immobilienmarktgeschehen (Angebot und Nachfrage), aus steuerlichen Vorteilen (Abschreibungsmöglichkeiten bei vermieteten Immobilien) und dem Einsatz von Fördermitteln ergeben. Auch das Einsparpotenzial durch z.B. eine effiziente Heizungstechnik ist kaufpreisrelevant. In jedem Fall ist ein voller Abzug der Modernisierungskosten unzulässig.
Klimaschutz ist nicht umsonst. Der Gebäudesektor ist der größte Hebel hin zur Klimaneutralität. Dabei müssen die sozialen Belange dringend beachtet werden. Die Aufnahme von Härtefallregelungen, langjährige Übergangsfristen sowie erhebliche Fördermittel balancieren die Notwendigkeit des Klimaschutzes mit der Zumutbarkeit von Eigentümern und Mietern weitestgehend aus. Gerne überlesen und besonders wichtig im Gebäudeenergiegesetz ist der § 5. Er fordert, dass die die Anforderungen und Pflichten aus dem GEG erfüllbar sowie wirtschaftlich vertretbar sein müssen! Anforderungen und Pflichten gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Bei bestehenden Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen. Hierauf kann sich jeder Immobilieneigentümer berufen und ggf. nachweisen, dass eine Modernisierung unzumutbar, weil unwirtschaftlich ist. Dabei darf nicht verkannt werden, dass energetisch modernisierte Immobilien nach dem Gebäudeenergiegesetz in den kommenden Jahren immer mehr an Preisattraktivität gewinnen werden.
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