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Viele denken, die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber wird primär dadurch geprägt, wer sich stärker fühlt, seine Interessen zu verwirklichen und sich durchzusetzen. Das ist nicht ganz richtig, denn im Unterbewusstsein findet häufig der überraschende Wettbewerb statt, wer der Schwächere ist – ein Wettbewerb, der für die Zusammenarbeit gefährlich sein kann.
Verhandlungstrainerin und -moderatorin Sandra Bierod-Bähre berichtet in diesem Gastbeitrag von ihren Erfahrungen mit Betriebsratsverhandlungen und weiß genau, worauf es hierbei ankommt.
Extra-Tipp: Möchten auch Sie sich fit für die Betriebsratsverhandlung machen? Sandra Bierod-Bähre gibt in unserem Seminar „Erfolgreich verhandeln mit dem Betriebsrat“ gemeinsam mit ihren Kollegen Dr. Martin Nebeling, Johnannes Römer und Martin Tschäge Tipps für konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat.
Seit vielen Jahren bin ich Referentin auf Seminaren für Führungskräfte und auch für Betriebsräte. In dieser Zeit habe ich in etlichen Unternehmen zu einer konstruktiven (agilen) Mitbestimmung beraten und zum Teil Mediationen bei stockenden Verhandlungen durchgeführt.
In fast jedem Unternehmen beschrieb der Betriebsrat sich im Vorgespräch von sich aus als den Schwächeren. Begründet wurde das meist damit, dass der Arbeitgeber einen entscheidenden Steuerungsvorsprung hätte, welche Informationen er wann und wie an den Betriebsrat gäbe. Um annähernd auf Augenhöhe kommen zu können, müsse der Betriebsrat ganz viel Kraft darin investieren, wichtige Informationen rechtzeitig zu erhalten und sicherzustellen, dass Absprachen eingehalten werden und nichts im Hintergrund ohne sein Wissen passiert. Hinzu käme die bessere Schulung der Führungskräfte.
Beschreiben Führungskräfte des Arbeitgebers ihre Wahrnehmung, ist diese meist das komplette Gegenteil. Die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte des Betriebsrats seien so stark und umfangreich, dass sie in ihrer Arbeit letztlich vom Wohl des Betriebsrats abhängig seien. Nicht die Führung, sondern der Betriebsrat entscheide maßgeblich, in welchem Umfang und zu welcher Zeit eine Maßnahme umgesetzt werde. Interessanterweise wird hier oft ebenfalls das Thema Schulung genannt, allerdings zugunsten der Betriebsräte, die man deutlich besser geschult in ihren gesetzlichen Rechten und Möglichkeiten sieht.
Dass diese konträren Schilderungen in den jeweiligen Vorgesprächen so häufig sind, muss man natürlich einordnen, denn Betriebsparteien suchen sich dann primär externe Unterstützung, wenn sie Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit haben; ein Stück weit also eine Wahrnehmungsverzerrung.
Dennoch liegt nach meiner Erfahrung in diesem ominösen Gerangel um die schwächere Position ein allgemeingültiges Konfliktpotential in der betrieblichen Mitbestimmung, denn was macht man, wenn man sich schwächer fühlt? Man rüstet auf und achtet sensibel darauf, möglichst nicht nachzugeben, um nicht über den Tisch gezogen zu werden. Was passiert, wenn in einem Unternehme beide Betriebsparteien so denken? Beide rüsten auf, starten mit Maximalforderungen, lehnen Zugeständnisse – vermeintlich unversöhnlich – ab und bewerten jeweils das jüngste Verhandlungsergebnis als Maßstab, ob es gelungen ist, die empfundene Schwäche erfolgreich zu kaschieren bzw. bestenfalls zu überwinden. Gelang das vermeintlich nicht, soll beim nächsten Thema noch unerbittlicher verhandelt werden, um endlich ernst genommen zu werden. Das ist das Fundament für ein Aufschaukeln von Konflikten, nicht für ein gemeinsames Gestalten.
Diese Situationen zu durchbrechen und offen anzusprechen ist den Betriebsparteien kaum möglich. Wer sich als den Schwächeren sieht, sucht die Verbesserung in der Regel nicht beim Stärkeren oder mit diesem zusammen.
Es braucht deshalb häufig den Impuls von außen, um die Automatismen in der Wahrnehmung und im Verhalten zu durchbrechen. Nicht selten sind beide Betriebsparteien völlig verblüfft, wenn ihnen ihr unausgesprochener Wettbewerb um die schwächere Position und damit um die Legitimation, noch forscher aufzutreten, klar wird. Erst danach ist der Weg frei, an inhaltlichen Konflikten miteinander zu arbeiten – oder vielleicht sogar eine gemeinsame Schulung zu Verhandlungsführung und -kommunikation zu besuchen, um den gefühlten Schulungsunterschied dort schon mal abzubauen.
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