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Projektentwicklungen von heute realisieren häufig Transformationen von bestehenden, dysfunktionalen Immobilien, statt Neubauten zu errichten. Wesentliche Treiber dieser Entwicklung sind umweltschonendes Bauen und Betreiben für die klimaneutrale Stadt sowie die Wiederbelebung von innerstädtischen Quartieren zu inklusiven Arealen. Dr. Thorsten Bischoff, Geschäftsführer der VALUES. Real Estate Holding GmbH, leitet unser Seminar „Projektentwicklung kompakt“ und erklärt in diesem Beitrag, wie die Transformation von Immobilien erfolgreich gelingen kann.
Die Zeiten, als Kommunen freizügig und scheinbar unbegrenzt neue Flächen ausgewiesen haben, sind (zum Glück) vorbei. Verschiedene Faktoren haben dazu geführt, dass Projekte von heute vor allem Stadtreparaturen sind. Kommunale Entscheider erwarten von Projektentwicklern, dass diese sich in die lokalen Gegebenheiten, in die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen sehr tief einarbeiten. Denn Städte, Quartiere und monostrukturierte Immobilien stecken nicht selten in einem schwierigen Umbruchsprozess. Innerstädtische Lagen weisen zudem nicht selten besondere Restriktionen wie etwa Denkmalschutzbestimmungen auf. Außerdem haben kommunale Entscheider häufig politische Themen gesetzt, wie etwa den sozialen Wohnungsbau oder den Erhalt kultureller Einrichtungen.
Aber wie entstehen das ideale Quartier, der ideale Nutzermix und somit die ideale Immobilie von morgen? Jedes Quartier und jede Immobilie hat seine oder ihre Eigenarten mit seiner oder ihrer Geschichte. Besonders sensibel sind lokale Communities, wenn es um die Veränderung von Gebäuden geht. Hier können schnell sehr kritische Öffentlichkeiten entstehen, wenn man als Projektentwickler die Bedingungen vor Ort ignoriert. Eine wachsende Bedeutung kommt nicht zuletzt deshalb der Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern vor Ort zu. Bürgerinnen und Bürger vor Ort sind auch wichtige Know-how-Träger und können eigene Projekte bereichern. Wenn es gelingt, die Ideen der konstruktiven Lokal-Engagierten in ein kluges Projekt- und Kommunikationsmanagement zu integrieren, kann nachhaltiger Mehrwert für die Gesellschaft und für Investoren kreiert werden.
Wichtig für den künftigen Erfolg einer Immobilie oder eines Quartieres ist es auch, die aktuellen Einkaufs-, Freizeit und Life-Style-Trends zu verstehen. Das Nutzungsverhalten der Menschen unterliegt einem stetigen und immer schnelleren Wandel. Klassische Einkaufsmeilen sind längst auf dem Rückzug. Die Menschen wünschen sich soziale Treffpunkte, mehr Entertainment und vor allem viele verschiedene Funktionalitäten mit kurzen Wegen. Das ideale Quartier von heute bietet moderne Büroflächen, Wohnen, Entertainment und Dienstleistungen sowie Handel und Nahversorgung unter einem Dach an.
Eine immer wichtigere Rolle kommt dem Thema Nachhaltigkeit zu. Mit der Einführung der EU-Taxonomie und der EU-Offenlegungsverordnung im Jahr 2021 lenkt die Politik Kapital gezielt in nachhaltige Immobilienanlagen. Nur wer sich in die Materie einarbeitet und als Projektentwickler ESG (Environmental, Social, Governance) in seinen Immobilienprojekten berücksichtigt, wird künftig nachhaltige Gebäudewerte schaffen können. Da gehört inzwischen weit mehr dazu, als Gebäude mit regenerativen Energiekonzepten auszustatten. Dachbegrünungen und Rigolen, die Regenwasser auffangen, gewinnen inzwischen an Bedeutung, um das Mikroklima in den Städten zu verbessen. Barrierefreie Zugänge werden zum Standard. Und für den Investor ist auch der ausgewogene Mietermix interessant, den ich mir in mein Objekt hineinhole. Innerstädtische Interaktion zwischen der Stadtgesellschaft, den Nutzern und den Gewerbetreibenden bieten eine großartige Chance, unsere Innenstädte wieder attraktiv zu gestalten und positiven sozialen Impact zu schaffen. So stärken wir nicht nur die Innenstädte, sondern auch die Werte unserer Immobilien. In unseren Projekten wandeln wir verschiedene monostrukturierte, dysfunktionale Gebäude, deren Situation in der Nutzung im Lebenszyklus der Immobilie eine radikale Transformation erfordert, zu lebendigen, langfristig nachhaltigen und wirtschaftlichen Immobilien um, beispielsweise Warenhäuser, Shopping Malls oder Geschäftshäuser. Exemplarisch zu benennen sind hier das Konrad-Koch-Quartier in Braunschweig, das ehemalige Wöhrl Plaza in Dresden und das Osnabrücker Ding.
Projektentwickler sollten vor allem die Augen offenhalten, wenn es um neuartige Ansätze auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft geht, bei denen nicht nur die tragenden Gebäudeteile erhalten bleiben. So erfassen wir bei Sanierungen von Gebäuden, wie beispielsweise bei einem ehemaligen Kaufhof, auch die Materialien, die wir im Zuge der Entkernung entnehmen müssen, weil wir sie nicht mehr oder zunächst nicht mehr benötigen. Diese werden teilweise wieder eingebaut oder über ein Verkaufsportal für andere Projekte angeboten. Das spart Geld, „goldene (graue)“ Energie und verbessert unsere Energiebilanz.
Der Projektentwickler von heute, der die Quartiere von morgen entwickelt, steht vor neuen Herausforderungen. Er hat es zunehmend mit innerstädtischen, dysfunktionalen Bestandsobjekten zu tun, mit denen er sich intensiv auseinandersetzen muss, um eine funktionale und zukunftsfähige Nutzungsmöglichkeit und ESG-konforme Immobilie zu entwickeln. Dafür ist sein Fachwissen beim Thema Nachhaltigkeit und ESG, sein Gespür für lokale Stimmungen in der Politik und bei den Bürgern genauso gefragt wie seine Fähigkeit zum Dialog mit allen Stakeholdern und insbesondere mit der Stadtgesellschaft.
Die ESG-Kriterien und aktuelle Krisen haben ein Umdenken im Investment-Sektor bewirkt. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ESG-Kriterien zu berücksichtigen und abzuwägen. Dabei besteht die Herausforderung vor allem darin, Nachhaltigkeit und Ökonomie in Einklang zu bringen und ESG-Risiken abzuwägen.
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