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Wie können Organisationen die durch die Digitalisierung entstehenden Herausforderungen meistern? Wo liegen die größten Schwierigkeiten? Und was machen Unternehmen, wenn es um das Thema digitales Management geht, heute schon richtig? Spannende Fragen, denen sich Technologie-Experte Dr. Stefan Müller in unserem Interview gewidmet hat.
Megatrends, wie Digitalisierung, Internet der Dinge oder der Umgang mit Künstlicher Intelligenz stellen Organisationen heute vor besondere Herausforderungen. Was braucht es, damit wir diese Veränderungen meistern können?
Man könnte davon ausgehen, dass Digitalisierung einfach ist. Wir hören einfach digitale Musik aus der Cloud, schauen digital Filme oder lesen elektronisch Magazine. Auch unsere Kommunikation führen wir digital über Messenger wie WhatsApp oder auch E-Mail. Aber ganz so einfach ist eben doch nicht.
Wo liegen dann die Schwierigkeiten für Unternehmen?
Der digitale Wandel fordert Unternehmen weit über den technologischen Aspekt der Digitalisierung hinaus. Er betrifft insbesondere auch die organisatorische Aufstellung sowie wesentliche Kulturmerkmale von Unternehmen.
In der Vergangenheit lag der Fokus von Unternehmen auf Technologien und Produkten. Träger der Innovation waren die Entwicklungsabteilungen. Ein wesentliches Erfolgskriterium waren neue Technologien. Unternehmen waren meist funktional aufgestellt.
Heute liegen Innovationen im Bereich von Vertriebs- und Service-Konzepten, Customer Experience und Prozessen. Innovation entsteht bereichsübergreifend und betrifft das gesamte Unternehmen. Damit rückt neben dem Technologie-Know-how das Markt-Know-how in den Vordergrund. Dies erfordert ein ganzheitliches Verständnis von Märkten und deren Spielregeln. Der Markt ist dabei nicht die Summe der Kunden. Es geht um das Verständnis der wesentlichen wertschöpfenden Prozesse innerhalb einer Branche. Damit tun sich Unternehmen heute oft noch schwer. Wo im Unternehmen wird dieses Know-how aufgebaut beziehungsweise abgebildet? Als zusätzliche Komplexität kommt als Organisationsform oft die Matrix-Organisation ins Spiel.
Es dreht sich also sehr viel um Prozesse. Sie müssen erst einmal die unternehmensinternen Prozesse abbilden, das gleiche gilt für die Branchen- beziehungsweise Kundenprozesse. Dieser Schritt zur Prozessorganisation ist bei sehr vielen Unternehmen noch nicht vollzogen. Erst dann können sie die Prozesse digitalisieren, wobei die Gefahr besteht, dass die Digitalisierung von schlechten Prozessen zu schlechten digitalen Prozessen führt … Das heißt, Unternehmen scheitern heute meist nicht an der Digitalisierung der Prozesse, sondern am Aufbau einer globalen Prozessorganisation.
Es ist wichtig, ein ganzheitliches Verständnis zwischen Strategie, Kultur und Führung zu entwickeln.“
Welche Konsequenzen sind es, die diese Trends mit sich bringen? Wie wird das alles das unternehmerische Handeln beeinflussen?
Die Komplexität in den Wertschöpfungsketten wird weiter zunehmen. Für Unternehmen genügt es nicht, bestehende Strategien und Geschäftsmodelle an Trends auszurichten. Nachhaltige Wertgenerierung wird zukünftig mehr und mehr in global vernetzten Systemen entstehen, die wiederum neue Organisationsformen wie Netzwerke erfordern. Als weitere Kompetenz kommt für Unternehmen neben dem Technologie- und Markt-Know-how das Ökosystem-Know-how hinzu.
Deshalb ist es wichtig, strategische, kollaborative Partnerschaften zu etablieren und das Know-how aus unterschiedlichsten Disziplinen zu integrieren und die Vorteile aus Co-Kreativität und kollektiver Intelligenz zu nutzen. Die Art und Weise, in der wir auch unternehmensübergreifend zusammenarbeiten, steht in engem Zusammenhang mit Unternehmenskultur und Führung. Deshalb ist es essentiell, ein ganzheitliches Verständnis im Zusammenspiel zwischen Strategie, Kultur und Führung zu entwickeln.
In der Industrie gibt es bisher nur sehr wenige Erfolgsgeschichten zur Digitalisierung.
Wie unterscheidet sich der Umgang mit Transformation von anderen Ländern? Was kann man sich dort abschauen und was machen die deutschen Unternehmen schon ganz richtig?
Innovation entsteht nicht mehr nur unternehmensübergreifend, sondern ist die Leistung ganzer Ökosysteme. Hier kommt mehr und mehr die Geschäftsmodellinnovation zum Tragen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Skalierung der Geschäftsmodelle, die über Plattformen realisiert wird. Dies wurde von Unternehmen wie Amazon, Apple und Google im Bereich B2C sehr erfolgreich umgesetzt.
Aber wie sieht es im Bereich B2B aus? Hier gilt es im Gegensatz zu B2C vereinfacht gesagt für eine kleine Zahl an Kunden eine große Zahl an wertschöpfenden Prozessen abzubilden und zu beherrschen. Auch die Skalierung funktioniert anders. Eine Kundenbeziehung über Key Account Management wird meist über den weiteren Aufbau von Vertriebskapazitäten und nicht über Plattformen skaliert. Dies spiegelt sich auch im Bereich der erfolgreichen Plattformen wider, die sich im Wesentlichen im Bereich B2C finden. Damit steht weiterhin die Frage im Raum, wie sich die Modelle geeignet auf den Bereich B2B übertragen lassen.
Was sind typische Hürden, mit denen Unternehmen in der Transformation zu kämpfen haben und wie lassen sich diese meistern?
Insbesondere in der Digitalisierung gilt es ganz klar bei Use Cases anzusetzen. Was ist eine einfache Applikation mit hohem Kundennutzen? Wie kann ich diese schnell und einfach skalieren? Startups tun sich hier leichter, da sie keine Legacy Thematik haben. Diese Chance für junge Unternehmen ist ein Risiko für angestammte Unternehmen.
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