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Aus den Methoden Lean und Six Sigma lassen sich viele Synergien ziehen, wenn man es richtig anstellt und das nötige Durchhaltevermögen beweist. Lassen Sie sich von Christian Roppel aus seiner Erfahrung berichten, wie die Umsetzung und Anwendung beider Methoden in der Praxis gelingt.
Herr Roppel, zu Ihren Aufgaben gehört unter anderem die Gestaltung und Optimierung von Prozessen. Wie nutzen Sie Lean und Six Sigma dabei?
Lean und Six Sigma begleiten mich bei meiner Arbeit im Produktionsumfeld nahezu täglich. In der Gestaltung und Optimierung von Prozessen werden viele Methoden und Werkzeuge für eine erfolgreiche Umsetzung benötigt. Lean und Six Sigma liefern hierbei einen enormen Fundus an Methoden und Werkzeugen, dabei gilt es diese zielorientiert einzusetzen. Abhängig davon, ob Optimierung- oder Gestaltungsprojekte verfolgt werden, verschiebt sich der Anwendungsfokus möglicher Ansätze und deren Tools. Darüber hinaus beeinflussen die Ausprägung und Zielverfolgung einzelner Projekte innerhalb der jeweiligen Methode die Nutzung von Werkzeugen.
Six Sigma liefert mit seinem DMAIC Phasenmodell ein stringent strukturiertes Vorgehen. Die systematische Vorgehensweise, auch innerhalb der Phasen, bietet zudem zahlreiche Methoden und statistische Werkzeuge, welche aber nicht als Pflichtwerkzeuge zu verstehen sind. Lean liefert einen nicht weniger ausgeprägten Pool an Werkzeugen. Allerdings ein weniger strukturiertes Vorgehen.
Die Kombination aus Six Sigma und Lean schaffen eine hervorragende Ergänzung für die tägliche Arbeit in der Optimierung und Gestaltung von Prozessen.
Würden Sie sagen, dass sich die Methoden ergänzen? Wie unterscheiden sie sich?
Um die Frage zur Ergänzung der beiden Methoden näher beantworten zu können, muss zunächst erwähnt werden, was sie unterscheidet. Wie bereits eingangs angedeutet, unterscheiden sich Six Sigma und Lean hinsichtlich ihrer methodischen Herangehensweise.
Lean verfolgt mitunter das Ziel verschwendungsfreier Prozesse mit den Kernprinzipien der Kundensicht, Wertstromidentifikation, Fluss- und Pullprinzip sowie das Anstreben von Perfektion. Wenn man mit dem Fokus auf Lean Management weiter auf die Methoden der Prinzipien eingeht, stößt man schnell auf Begriffe wie „Verschwendung“, „Fehlervermeidung“ oder „Kostenreduzierung“, welche durch das richtige Erkennen und Eliminieren der Verschwendungsarten eine Reduktion von Beständen und Durchlaufzeiten bedeutet.
Bei Six Sigma hingegen liegt ein großer Fokus auf der statistischen Datenanalyse und Auswertung. Im Vordergrund steht dabei die Reduktion von Prozessvariationen und somit auf der Prozessbeherrschung. Das Resultat ist eine Null-Fehler-Qualität, welche sich durch einen Ertrag innerhalb der Kundenspezifikation von 99,99999976% zeigen soll. Im Vergleich zu Lean steht eine stärkere betriebswirtschaftliche Sichtweise zur Auswahl von Projekten im Vordergrund, die sich durch eine Kosten-Nutzen-Gegenüberstellung zeigt.
Die Konjunktion und Kontravalenz beider Werkzeugkästen wirft schnell die Frage auf, welche der beiden die Leitmethode darstellen beziehungsweise welche in die jeweils andere eingebettet werden soll. Diese Frage kann pauschal nicht beantwortet werden, da sich der Fokus, je nach Schwerpunkt, verschieben wird.
Letztlich ist es das zielorientierte Bedienen aus dem gesamten Werkzeugkasten, welches darüber entscheidet, welche Methode zum Werkzeug und welche zur Leitmethode wird.
Wo steht Lean Six Sigma in Zeiten der Transformation und der Digitalisierung?
In einer Zeit der Beschleunigung, Digitalisierung und Automatisierung gilt es sich weiterhin mit steigender Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt zu präsentieren. Mit der Erhöhung der genannten Faktoren, steigen auch die Anforderung und Erwartungen an die Prozesse. Genau diese steigenden Anforderungen erfordern mehr denn je den strukturierten Einsatz beider Methoden.
Aktuelle und vergangene Projekte zeigten, dass der Einsatz von Lean und Six Sigma, trotz industrieller Fortschritte, weder überholt noch einsatzunfähig geworden sind. Auch wenn beide Methoden schon vor gut 30 Jahren ihre ersten Anwendungen in deutschen Unternehmen gefunden haben, werden sie immer weiterentwickelt und dem Wandel angepasst. Schon seit Jahren ist unterstützende Software für Methoden und Tools auf dem Markt erhältlich. Die Weiterentwicklung der Programme und die Möglichkeiten, diese in MES-Systemen einzubetten, eröffnen neue Wege in der Vernetzung von Daten und Ergebnissen.
Worauf müssen Unternehmen bei der Umsetzung von Lean in der Praxis Ihrer Meinung nach besonders achten?
Die Effizienz und Effektivität eines Prozesses ist das Mittel zur Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Marktbegleitern. Die Quintessenz aus diesen beiden Faktoren ist jedoch wieder „nur“ die Steigerung der Qualität und der maximale wirtschaftliche Grad, der aus einem Prozess rauszuholen ist.
Wie eine Organisation an diese Herausforderung herangeht, unabhängig, ob mit Lean oder Six Sigma oder gar mit beiden in Kombination, erfordert Disziplin und Durchhaltevermögen. Die Verankerung und Umsetzung ist kein Prozess, der von heute auf morgen geschieht. Angefangen mit einzelnen Leuchtturmprojekten eines Teams mit Eigenbestätigung des Erfolgs, bis hin zur allumfassenden Umsetzung und Durchdringung in alle Strukturen einer Organisation, ist es ein wahrlich langer Weg. Meiner Ansicht nach ist einer der wichtigsten Punkte, die Denkweise aller Mitarbeiter zu aktivieren. Wenn hierzu nicht intensive zugeschnittene Schulungen für alle Mitarbeiter stattfinden, um diese in den Prozess mit einzubinden, werden vermutlich alle Versuche auf Ablehnung und Distanz stoßen. Des Weiteren muss durch den Funktionsträger einer Organisation das Verständnis der Methoden vorhanden sein, um diese zielorientiert einzusetzen. Wenn diese fehlgeleitet werden, kann das Leuchtturmprojekt scheitern und das Gesamtvorhaben in Frage gestellt werden.
,.. eine sehr interessante und
einfache Beschreibung!
Würde sagen,
PUNKTgenau!!
LG
RKäfer