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Die Industrie automatisiert und digitalisiert sich immer mehr, dagegen scheinen die Veränderungen in der Immobilienwirtschaft zu stagnieren. Es wirkt fast so, als würde die Branche immer noch so zu bauen, wie sie es vor 50 Jahren gemacht hat. Doch damit könnte bald Schluss sein! Die Digitalisierung erhält dank BIM (Building Information Modeling) Einzug in die Immobilienwelt. Was diese Technologie genau ist und wie sie das Bauen revolutionieren wird, lesen Sie hier!
BIM ist die Abkürzung für Building Information Modeling (übersetzt etwa: Bauwerksdatenmodellierung). Im Großen und Ganzen handelt es sich hierbei um eine Methode, welche die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Immobilien optimiert – und zwar mit Hilfe von Software. Dabei werden alle Daten digital erfasst, kombiniert und auch modelliert. Damit ist auch ein virtuelles 3D-Modell mit Hilfe von BIM möglich.
Digitale Bauplanung ist in Deutschland kein neues Thema, denn mit der Einführung von CAD wurde das digitale Bauen bereits Anfang der 1980er Jahre zum großen Thema der Immobilienbranche. Der Begriff BIM wurde jedoch erst 1992 in einem Papier von van Nederveen erwähnt.
Wenn Sie ein Gebäude mit Hilfe von Building Information Modeling bauen möchten, dann werden nicht mehr hunderte verschiedene Pläne von allen Beteiligten erstellt, sondern alle Daten werden über ein datenbasiertes Modell abgebildet. Das bedeutet, dass alle Beteiligten, angefangen von den Investoren über Architekten und Ingenieuren sowie Projektleitern bis hin zu den späteren Betreibern, über die zentrale Plattform von Anfang an zusammenarbeiten und dort ihre Pläne zentral abspeichern.
Die BIM-Softwares arbeiten mit Zugriffsrechten, sodass Personen nur in dem Bereich arbeiten können, für den sie Kompetenzen besitzen. Um diese Zuständigkeiten und Rechte des Gebäudemodells zu überwachen, benötigt man einen BIM-Manager. Dieser erledigt folgende Aufgaben:
Definition der Anforderungen an das Datenmodell
Festlegung der Zugriffsrechte
Regemäßige Abstimmung mit den Beteiligten
Betreuung des Projekts auch nach dem Abschluss der Planungs- und Bauphase
Durch BIM sind alle am Bau Beteiligten auf dem gleichen Stand, sodass Leerläufe oder gar Fehler vermieden werden können. BIM-Befürworter behaupten sogar, dass das Debakel des Berliner Flughafens mit BIM nicht passiert wäre und auch die Baukosten der Elbphilharmonie in Hamburg nicht so explodiert wären.
Schauen wir uns die Vorteile und Chancen von BIM einmal genauer an:
Aus dem Leitfaden BIM des Forschungsprogramms Zukunft BAU des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) geht hervor, dass Building Information Modeling für alle Projektgrößen eingesetzt werden kann. Damit ist diese digitale Methode nicht nur auf Großprojekte beschränkt.
Durch BIM verbessert sich die Kommunikation zwischen allen Projektbeteiligten und damit auch die Qualität des gesamten Projekts. Denn aufgrund der gemeinsamen Datenbasis sind alle Änderungen für alle Teams gleichzeitig sichtbar und nachvollziehbar. Das mindert auch den Stress während der Projektzeit. Auch deshalb, da Dateiverlust oder -beschädigung beinahe unmöglich geworden sind.
Bauherren und Projektplaner haben von Baubeginn an ihr Projekt dank des 3D-Modells direkt vor Augen. Bestimmte Abläufe und Situationen können zudem simuliert werden. So kann beispielsweise die Sonneneinstrahlung während verschiedener Tages- und Jahreszeiten visualisiert oder die komplette Energiebilanz der Immobilie berechnet werden.
Die 3D-Visulisierung kann zudem das Verständnis sowie die Akzeptanz für das Bauprojekt von allen Projektbeteiligten erhöhen.
Da unnötiges Nacharbeiten durch die gemeinsame und transparente Datenbasis vermieden wird, könnte man sagen, dass Immobilienprojekte durch das digitale Bauen schneller realisiert werden. Allerdings muss gerade am Anfang der Einführung von BIM sehr viel Zeit investiert werden, um alle Abläufe reibungslos zu garantieren. Doch auch wenn Sie durch Building Information Modeling nicht unbedingt schneller sind, so erreichen Sie dennoch einen höheren Qualitätsstandard im Hinblick auf Bearbeitungszustand, Datenaustausch und Koordination.
Wäre die Entstehungsgeschichte des Berliner Flughafens und die teure Elbphilharmonie mit BIM ganz anders verlaufen? Vielleicht – fest steht auf jeden Fall, dass zahlreiche Untersuchungen bewiesen haben, dass Planungsmängel und Nachträge mit BIM deutlich zurückgegangen sind.
Denn mit BIM wird das Modell des Projektes kontinuierlich aktualisiert, konstruiert und dann erst mit dem Bau begonnen, sodass Fehler an sich nicht automatisch verhindert, jedoch viel früher erkannt werden.
Dadurch, dass zahlreiche Fehler früh erkannt und damit auf dem Bau vermieden werden können, ist Bauen mit BIM oft kostengünstiger. So wird beispielsweise der Materialbedarf genau kalkuliert und die Kollisionen zwischen den einzelnen Gewerken vermieden.
Eine Analyse des Center for Integrated Facility Engineering (CIFE), Stanford University, hat diese Vorteile benannt:
10 Prozent Kosteneinsparung dank BIM-Kollisionsmanagement
40 Prozent Reduktion außerplanmäßiger Änderungen
3,5 Prozent Steigerung der Effizienz bei der Gebäudeauslastung
7 Prozent Verkürzung des Projektzeitplans
9 Prozent Senkung der Betriebskosten
Fehlerfreies und effizientes Bauen ist natürlich auch ohne Software möglich, wenn alle Planungsabläufe vernünftig strukturiert werden. Dennoch erleichtert BIM diese Strukturierung, sodass die Planung mit Hilfe von Building Information Modeling Ihren Erfolg nicht garantieren, aber deutlich erhöhen kann.
Wir werden digital, indem wir BIM-Software einführen – noch ist diese Denkweise weit verbreitet. Die digitale Transformation in der Bau- und Immobilienwirtschaft wird oft mit Building Information Modeling (BIM) gleichgesetzt. Und BIM wird oft als reines IT-Thema verstanden. Dabei ist Software nur eine von vier Säulen, die ein Unternehmen aufbauen muss, um digitale Arbeitsmethoden wie BIM zu implementieren. Die anderen drei Säulen sind: Prozesse, Richtlinien und Menschen.
Prozesse müssen zunächst analog erfasst und analysiert werden, bevor sie in die digitale Welt übertragen werden. Richtlinien schaffen einheitliche Rahmenbedingungen für alle Projektbeteiligten. Zum Beispiel nutzen wir bei Wolff & Müller sogenannte Pflichtenhefte, um bei BIM-Projekten die Modellierungsstandards zu definieren. Noch fehlen solche Richtlinien auf übergeordneter nationaler Ebene. Der wichtigste Baustein aus unserer Sicht ist jedoch der Mensch. Die Digitalisierung ist ein Change-Prozess. Die Zielvorgabe muss vom obersten Management kommen, doch die Umsetzung im Berufsalltag ist Sache der Mitarbeiter – sie gilt es auf den neuen Weg mitzunehmen.
Die BIM-Methodik ist das Herzstück unserer Digitalisierungsstrategie. Das Prinzip: Bauwerke werden zunächst als durchgängiges, virtuelles Gebäudedatenmodell in mehreren Dimensionen (3D-Geometrie, Materialien, Zeit, Kosten etc.) erstellt, bevor wir sie real bauen. Wir arbeiten seit 2009 mit BIM und nutzen die Methodik seither in immer größerem Umfang – zuerst nur in der Angebotsphase von Bauprojekten, seit 2014 auch in der Ausführungsphase. Bis 2020 wollen wir BIM auf den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken ausweiten, von der Planung über die Bauausführung und den Betrieb bis zum späteren Rückbau. Das bedeutet beispielsweise, dass wir dem Bauherrn nach Projektabschluss einen „digitalen Zwilling“ seines Bauwerks überreichen wollen. Dieses virtuelle Abbild ist hilfreich, um etwa die Energie- und Reinigungskosten zu berechnen oder Umbauten zu planen. Und wir werden alle, die am Bauprojekt beteiligt sind, in die BIM-Methodik einbinden, von Planern bis zu Nachunternehmern und Lieferanten.
Es scheint also viele Vorteile zu geben, die für den Bau mit BIM sprechen. Doch während diese in Deutschland kaum zu einer weiteren Verbreitung von BIM führen, sind uns andere Länder weit voraus. Warum ist das so?
Der NBS International BIM Report 2016 zeigt Dänemark mit 78 Prozent als deutlichen Spitzenreiter in Sachen Building Information Modeling. Kanada, Großbritannien und Japan folgen auf den nächsten Plätzen. Andere Umfragen zeigen hingegen Großbritannien und die Niederlande weit vorne beim Einsatz von BIM. Doch egal welche Statistiken man betrachtet, skandinavische Länder und das Vereinigte Königreich tauchen immer wieder weit oben auf.
Skandinavien gilt beim Einsatz von Building Information Modeling als Early Adopter – zumindest bei öffentlichen Bauprojekten. Denn schon 2007 legte beispielsweise Dänemark gesetzlich fest, dass BIM in öffentlichen Bauprojekten einzusetzen ist.
Auch Großbritannien folgte 2011 diesem Beispiel mit ihrer Government Construction Strategy. Diese legte fest, dass BIM bei allen staatlichen Bauprojekten – egal ob Neubau oder Instandhaltung – ab 2016 anzuwenden ist. Damit hat die Regierung der Immobilienbranche fünf Jahre Zeit gegeben, sich auf diese Änderung vorzubereiten.
In Deutschland soll der ministerielle Stufenplan bis 2020 denselben Fortschritt in Sachen BIM bringen – jedoch vier Jahre später. Und das ist auch bitter nötig! Laut Fraunhofer IAO verwendete 2015 lediglich jedes dritte Unternehmen in Deutschland BIM bei Projekten mit Kosten von über 25 Millionen Euro.
Der digitale Rückstand Deutschlands ist vor allem der kleinteiligen Struktur der Immobilienbranche geschuldet. Denn anders als in Großbritannien oder in Dänemark ist das Baugeschehen in Deutschland nicht durch Aufträge der öffentlichen Hand bestimmt.
Außerdem geht es der deutschen Immobilienbranche einfach zu gut, als dass sie ihr Vorgehen ändern müsste, wie auch schon Prof. Dr. Thomzik auf unserem ImmoTech Forum aussagte. So hat beispielsweise Großbritannien auch erst in Folge der Finanzkrise seine Strategie geändert.
Die Baubranche befindet sich seit etwa 20 Jahren in einer stagnierenden Produktivität bei einer gleichzeitig wachsenden Komplexität der Objekte. Der Optimierungsdruck bei der Projektabwicklung ist somit sehr, sehr hoch. BIM als eine Arbeitsmethode, die unter anderem die Informationsdurchgängigkeit erzielt und eine verlässliche Informationsqualität für Entscheidungen bildet, bietet eine Grundlage für Entlastung.
Der Auftraggeber profitiert zunächst durch eine höhere Risikominimierung. Langfristig werden das Bauen und Betreiben zudem günstiger und kürzer. Die gewünschte Datenqualität für eine optimale Betriebsphase kann beispielsweise nun von Beginn des Projektes aufgesetzt und erzielt werden. Perspektivisch gesehen, ist hier sehr viel möglich.
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