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Die moderne Arbeitswelt steht ganz im Zeichen flexibler Arbeitsmodelle. Dies betrifft insbesondere die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort und wirft eine Vielzahl neuer (rechtlicher) Fragestellungen auf. Besonders lohnt sich dabei ein Blick auf die Frage, welche Arbeitszeit der Arbeitgeber vergüten muss und welche (anderen) finanziellen Ansprüche Arbeitnehmern zustehen, wenn sie mobil arbeiten.
Die erfahrenen Rechtsanwälte Dr. Andreas Wirtz und Dr. Sandy Siegfanz-Strauß geben in diesem Beitrag einen Einblick in die arbeitsrechtlichen Leitlinien für eine moderne Vergütung der Arbeitszeit. Holen Sie sich beim Lesen ein kompaktes Update zum aktuellen Arbeitsrecht sowie praxisnahe Tipps für die richtige Vorgehensweise bei Homeoffice und mobilem Arbeiten.
Rechtsanwalt | FLICK GOCKE SCHAUMBURG Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater
Zum ProfilRechtsanwältin und Assoziierte Partnerin | Flick Gocke Schaumburg
Zum ProfilRechtlich sind zwei unterschiedliche Arbeitszeitbegriffe zu unterscheiden: Die Arbeitszeit im arbeitnehmerschutzrechtlichen Sinne und die Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne.
Arbeitszeit im schutzrechtlichen Sinne ist die Arbeitszeit, die ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) pro Tag arbeiten darf. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass grundsätzlich eine durchschnittliche werktägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden (exklusive Pausen) nicht überschritten werden darf. Das Arbeitszeitgesetz stellt also Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer auf, die einen angemessenen Ausgleich von „Arbeit“ und „Pause“ garantieren. Im Gegenzug soll als „Arbeit“ aber nur die Zeit gelten, in welcher der Arbeitnehmer tatsächlich mit dieser – körperlich oder mental – belastet ist (sogenannte „Belastungstheorie“). So sind etwa Reisezeiten, in denen der Arbeitnehmer seine Zeit frei gestalten kann, nicht als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes einzustufen (BAG v. 11. 7. 2006 - 9 AZR 519/05). Wenn es um Arbeitszeit im Sinne des ArbZG geht, ist zu beachten, dass die gesetzlichen Vorgaben zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht sind und Abweichungen hiervon grundsätzlich unzulässig (und bußgeldbewährt!) sind. Dies gilt selbst dann, wenn der Mitarbeiter mit den Abweichungen einverstanden ist.
Welche Arbeitszeit aber vergütet werden muss, darüber trifft das Arbeitszeitgesetz keine Aussage. Für das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist vergütungspflichtige Arbeitszeit „jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient“ (BAG v. 6.9.2017 – 5 AZR 382/16). Bleibt man beim Beispiel der Dienstreise, erfolgt diese in der Regel im Interesse des Arbeitgebers und steht im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Folgerichtig hat das BAG angenommen, dass Reisezeit grundsätzlich zu vergütende Arbeitszeit darstellt (BAG v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17).
Liegt vergütungspflichtige Arbeitszeit vor, gilt im Grundsatz Folgendes: Solange der gesetzliche Mindestlohn beachtet wird, kann vertraglich bestimmt werden, dass etwa Reise- oder Wegezeiten, die nicht die eigentliche Tätigkeit umfassen, geringer zu vergüten sind (BAG v. 25.4.2018 – 5 AZR 424/17). Gleiches gilt auch für grundsätzlich vergütungspflichtige Bereitschaftsdienste (BAG v. 28.1.2004 – 5 AZR 530/02).
Komplexer wird die Frage nach der Vergütung im Falle von Überstunden: Ein allgemeiner Grundsatz, wonach jede Mehrarbeit zu vergüten ist, existiert nicht (BAG v. 21. 9. 2011 − 5 AZR 629/10). Auf Basis der Rechtsprechung des BAG ist davon auszugehen, dass im Arbeitsvertrag grundsätzlich vorgesehen werden kann, dass (bei einer 40-Stunden-Woche) bis zu 8 Überstunden pro Woche mit der regulären Vergütung abgegolten sind. Darüber hinaus gehende Überstunden sind dann durch Freizeit oder Auszahlung abzugelten. Bei Mitarbeitern mit Gehältern (deutlich) oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (der gesetzlichen Rentenversicherung) soll hingegen regelmäßig keine Vergütungserwartung (§ 612 BGB) für Überstunden bestehen, so dass hier auch vorgesehen werden kann, dass sämtliche Überstunden als abgegolten gelten.
Um den Umständen der modernen Arbeitswelt Rechnung zu tragen, kann sich die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos anbieten. Typischerweise wird dies in Form eines Kurzzeit- bzw. Jahreskontos angelegt. Der Arbeitnehmer kann dadurch seine jährlich geschuldete Arbeitszeit überwiegend flexibel einteilen. Überstunden können dabei durch Freizeit an anderen Tagen ausgeglichen werden. Um böse Überraschungen am Ende eines Jahres zu verhindern, kann es sich anbieten, bestimmte Grenzen für Plus- bzw. Minusstunden zu vereinbaren.
Eine andere Variante ist die Vereinbarung von Langzeitkonten bzw. Wertguthaben. Damit kann der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum Arbeitszeit „ansparen“, um etwa später unter gleichbleibender Bezahlung ein Sabbatical zu nehmen oder den Rentenbeginn vorzuziehen.
Das Thema mobiles Arbeiten bzw. Homeoffice wurde bereits vor Beginn der Corona-Pandemie in der HR-Praxis immer bedeutender und ist seitdem aus den meisten Unternehmen nicht mehr wegzudenken.
Oftmals stellt sich dabei die Frage, ob und, wenn ja, welche Kosten der Arbeitgeber für die Ausstattung der heimischen Arbeitsstätte tragen muss. Im Grundsatz gilt, dass der Arbeitgeber die Kosten für die erforderliche Einrichtung des Arbeitsplatzes zu tragen hat. Bringt der Arbeitnehmer diese Ausgaben selbst auf, kann ihm gegen den Arbeitgeber ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers besteht allerdings nur dann, wenn die erforderlichen Aufwendungen überwiegend in dessen Interesse liegen. Die Rechtsprechung hat ein solches Interesse und damit auch eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers verneint, wenn der Arbeitnehmer frei wählen kann, ob er mobil oder im Büro arbeitet (BAG v. 12. 4. 2011 − 9 AZR 14/10). Regelmäßig werden Arbeitnehmer daher keine Ansprüche gegen ihren Arbeitgeber haben, wenn ihnen im Büro ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht und sie selbst entscheiden, ob sie im Büro oder mobil arbeiten. Sollte die mobile Arbeit im Einzelfall jedoch im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers erfolgen, können Kostenerstattungsansprüche in Betracht kommen (was dann nicht nur die Kosten für die Hardware wie Laptop und Smartphone betreffen kann, sondern unter Umständen auch anteilige Strom-, Heiz- und Mietkosten).
Die gesetzliche Kostentragungspflicht des Arbeitgebers ist allerdings disponibel. Das heißt, sie kann etwa durch Vereinbarungen im Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder modifiziert werden. Dabei ist – insbesondere in formularmäßigen Arbeitsverträgen – jedoch darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt wird. In der Regel wird es sich daher anbieten, eine Pauschale für Aufwendungen zu vereinbaren.
Der Weg von der eigenen Wohnung zum Arbeitsplatz stellt grundsätzlich keine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar, da er rein dem privaten Lebensbereich zugeordnet wird. Ist aber Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten vereinbart, stellt sich die Frage, ob nun der Weg zur Arbeitsstätte nicht als vergütungspflichtige Dienstreisezeit angesehen werden muss.
Die Gerichte haben sich zu dieser Frage noch nicht geäußert, sodass diesbezüglich eine rechtliche Unsicherheit besteht. Es ist den Arbeitsvertragsparteien im Falle des mobilen Arbeitens aber zu raten, zu definieren, welche Fahrzeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit angesehen werden sollen und welcher Ort als Start- und Endpunkt für Fahrten gelten soll.
Dieser Beitrag bietet natürlich nur einen Ausschnitt der vielfältigen und rechtlich spannenden Fragen, die sich attraktive und moderne Arbeitgeber stellen, wenn es um die Vergütung ihrer Mitarbeiter geht. Einen weitergehenden Einblick in moderne Vergütungssysteme und die damit verbundenen arbeitsrechtlichen Fragen bietet das Seminar „Moderne Vergütung und New Pay“.
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