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Welche Art von Vergütung ist heute zeitgemäß? Mit welchen Vergütungselementen reagieren Sie richtig auf agile Strukturen, hohe Inflation und zunehmenden Fachkräftemangel – und zwar aus Mitarbeitersicht genauso wie aus Unternehmenssicht?
Unternehmensweit einheitliche Vergütungsrichtlinien, die performanceorientiert sind, tragen den Herausforderungen der heutigen Zeit am besten Rechnung. Tanja Eschke, Group Head of Reward von Computacenter, beschreibt im Interview, auf welche Vergütungselemente das Unternehmen mit 18.000 Mitarbeitenden in verschiedenen Ländern setzt und welche Chancen aber auch Herausforderungen unternehmensweit einheitliche Vergütungsrichtlinien mit sich bringen.
Frau Eschke, was zeichnet ein attraktives und modernes Vergütungssystem aus?
Wesentliche Komponenten eines attraktiven Vergütungspakets sind natürlich als Basis eine attraktive und marktgerechte fixe und variable Vergütung. Bei der Fixvergütung gibt es gleich mehrere Herausforderungen: Zum einen ändern sich die Anforderungen an Mitarbeitende und ihre Aufgaben deutlich schneller als in der Vergangenheit. Zum Zweiten braucht es Antworten für die aktuellen Herausforderungen mit hoher Inflation und gleichzeitig anhaltend starkem Druck auf die Unternehmen, die richtigen Talente zu gewinnen und zu binden. Die Antworten hierauf können nicht allein mit einer Fixvergütung gelöst werden, da diese in ihrer Natur weniger Beweglichkeit ermöglicht. Das heißt ergänzende Vergütungselemente wie zum Beispiel Einmalzahlungen, um Inflationshärten abzufangen, sind eine mögliche Maßnahme. Spot Award Systeme, die sowohl bei der Gewinnung von Kandidaten eingesetzt werden können oder auch Deferred-Compensation-Elemente, um die Mitarbeiterbindung zu stärken, können hier zusätzlich eine Ergänzung sein.
Insbesondere bei den variablen Vergütungselementen ist es wichtig, die gemeinsamen Ziele des Teams und des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen, da die Unternehmen heute mehr denn je darauf angewiesen sind, dass die vielen großen und komplexen Herausforderungen gemeistert werden. Das funktioniert nur im Team und daran sollten sich auch die vergütungsrelevanten, variablen Komponenten orientieren. Wir haben bei Computacenter als Ergänzung zu den genannten fixen und variablen Vergütungselementen eine globale Plattform für Mitarbeiteranerkennung implementiert. Diese ermöglicht es allen Mitarbeitenden, ihre Kolleginnen und Kollegen für Awards vorzuschlagen und gemeinsame Team-Erfolge zu feiern und das über Bereichs- und Ländergrenzen hinweg. Dies passt sehr gut zu unseren immer häufiger sehr breit und international aufgestellten Teams. Wir haben hier also ein ergänzendes Instrument, mit dem die vielen kleinen und auch die großen Erfolge unserer Mitarbeitenden zum einen gesondert belohnt werden und dabei auch für alle sichtbar und zeitnah gefeiert werden.
Welchen Stellenwert hat in diesem Zusammenhang die Gehaltstransparenz und damit eine gleichberechtigte, geschlechterneutrale Vergütung?
Aus meiner Sicht ist die Gehaltstransparenz ein wichtiges Instrument, um die Vergütungsstruktur zum einen zu erklären und den Mitarbeitenden aufzuzeigen, wie sie sich in diese einfügen und weiter entwickeln können. Spätestens, seitdem es immer mehr externe Quellen für Gehaltstransparenz gibt, muss man sich als Unternehmen mit diesem Thema auch intern auseinandersetzen, da Kandidaten und Mitarbeitende das vermehrt einfordern. Sicher besteht bei der erstmaligen Einführung von mehr Gehaltstransparenz auch die Gefahr, dass es negative Rückmeldungen und Wahrnehmungen gibt, insbesondere da, wo eine Struktur gegebenenfalls noch Schwachstellen hat. Diese Rückmeldungen sind dann aber auch ein konkreter Hinweis darauf, was man entweder inhaltlich oder auch in der Kommunikation etwas verbessern kann.
Ich zitiere in diesem Zusammenhang sehr gerne eine frühere Führungskraft von mir, die zum Thema Gehaltstransparenz sagte: „Wenn man die Gehaltstruktur nicht offenlegen kann, dann hat man etwas zu verbergen.“ Was aber klar sein muss, ist, dass es nicht getan ist mit Gehaltstransparenz allein. Es ist für eine langfristig positive Wahrnehmung des Themas wichtig, sowohl gegenüber Führungskräften als auch Mitarbeitenden zu kommunizieren. Es muss neben der Transparenz auch Aufklärung betrieben werden, warum die Struktur so ist, wie sie ist und an welchen Themen man gegebenenfalls noch arbeitet.
Zum Thema geschlechterneutrale Vergütung möchte ich an dieser Stelle gerne anmerken, dass die transparente, geschlechtsneutrale und verbindliche Vergütungsstruktur, die Computacenter im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung 2016 eingeführt hat, nachweislich zu einer deutlichen Reduktion unseres Gender Pay Gap beigetragen hat.
Was für Methoden oder KPIs braucht es für die moderne Vergütung? Sind Seniorität, Abschluss, Performance-Ratings und andere bekannte Kriterien noch zeitgemäß oder gibt es neue?
Unser Unternehmen arbeitet in Deutschland nach wie vor mit einer klassischen Vergütungsordnung, welche die Stellen basierend auf einem summarischen Verfahren eingruppiert. Hierbei werden die oben genannten und andere Kriterien, wie zum Beispiel der Umfang der Verantwortung der Stelle oder die Komplexität der Aufgaben, berücksichtigt. Dies ist ein aufwendiges Verfahren, das im Ergebnis aber den Stelleninhabern Klarheit über ihre Rolle und mögliche Vergütung schafft.
Für die Fixvergütung kann man ein solches Modell erfolgreich anwenden, muss aber den Zeitaufwand für die laufenden Anpassungen an der Struktur in Kauf nehmen. Performance Ratings als Mittel zur Bewertung der Leistungen von Mitarbeitenden und somit auch indirekt für mögliche Gehaltserhöhungen sind bei uns im Unternehmen nicht mehr im Einsatz. Wir haben unser Performance Management auf einen kontinuierlichen Prozess umgestellt, der den regelmäßigen Dialog auf Augenhöhe zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft in den Mittelpunkt stellt. Gerade auch im Zusammenhang mit den oben genannten Änderungen in der variablen Vergütung, bei der immer mehr der übergreifende Team- und Unternehmenserfolg im Zentrum steht, sind individuelle Ratings eher hinderlich, weil sie eben nur das Individuum und seine Leistung in einem bestimmten Zeitraum ins Zentrum stellen. Uns ist wichtig, dass Führungskräfte bei ihren Entscheidungen zur Vergütung der Mitarbeitenden neben den Performance-Aspekten auch andere Aspekte wie beispielsweise Pay GAPs, Gehaltsentwicklung und natürlich auch vergütungsrelevante Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung berücksichtigen. Wenn nicht mehr das Performance Rating, sondern eine unter verschiedenen Kriterien durch die Führungskraft anhand unserer im Unternehmen implementierten Vergütungsstruktur abgewogene Entscheidung die Gehaltsentwicklung bestimmt, rückt einmal mehr die Wichtigkeit der Kommunikation zu dieser Entscheidung durch die Führungskräfte ins Zentrum.
Das bedeutet, dass wir unseren globalen Führungskräften mehr Entscheidungsspielraum geben und andererseits auch mehr Verantwortung, diese Entscheidungen und die Gründe dafür an ihre Mitarbeitenden zu kommunizieren.
Sie streben bei Computacenter derzeit unternehmensweit einheitliche Richtlinien für die Vergütung an – bei 18.000 Mitarbeitenden in verschiedenen Ländern sicher nicht ganz leicht. Mit welchen Herausforderungen haben Sie dabei in der Praxis zu kämpfen?
Da haben sie Recht, die Herausforderungen sind vielfältig: Es fängt damit an, dass zunächst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, neue Länder auf unsere zentralen globalen Prozesse aufzuschalten. Diese liegen zum einen in der Datenqualität und -konsistenz, und beides muss vorab sichergestellt werden.
Zum anderen gibt es Unterschiede in der Kultur des jeweiligen Landes. Länder, die erst seit kurzer Zeit unseren Performance-Management-Prozess ohne Ratings implementiert haben, verankern diese Veränderungen aktuell in ihrer Organisation und befinden sich noch im laufenden Veränderungsprozess, welcher naturgemäß etwas Zeit braucht. Hier ist frühzeitige Kommunikation mit den beteiligten, lokalen Kolleginnen und Kollegen in HR sowie den betroffenen Führungskräften und Mitarbeitenden der Schlüssel zum Erfolg.
Ein anderes Thema ist, dass unsere neu geschaffenen zentralen Prozesse die noch vorhandenen Unterschiede zwischen den Ländern transparent machen. Neben allen möglichen regionalen und marktbezogenen Unterschieden gibt es auch einige Länder, die ihre Vergütungsprozesse im Rahmen kollektivrechtlicher und bindender Vereinbarungen regeln, die man nicht einfach verändern bzw. harmonisieren kann (und will). Auch hier ist Kommunikation essenziell, um die vorhandenen Unterschiede zunächst einmal zu erklären. Darüber hinaus schauen wir aber natürlich auch nach Möglichkeiten für weitere Harmonisierungen. Wir sind hier also in einer kontinuierlichen Balance zwischen all dem, was wir gerne angehen würden und der notwendigen Priorisierung im Rahmen des klassischen Dreiecks aus Ressourcen, Qualität und Zeit – mit einer ordentlichen Portion Changemanagement 😉.
Wie ist der aktuelle Stand, was haben Sie bereits erreicht?
Wir sind insofern stolz, als dass wir mit diesem Jahr 10 unserer weltweit 16 Länder auf unsere wesentlichen, globalen Vergütungsprozesse aufgeschaltet haben. Damit haben wir viel erreicht im Hinblick auf eine Harmonisierung für unsere Mitarbeitenden und einer deutlich vereinfachten Handhabung dieser Prozesse für unsere Führungskräfte. Wie bereits oben erwähnt, haben wir Anfang 2020 eine globale Plattform und Initiative für die Anerkennung der besonderen Leistungen unserer Mitarbeitenden implementiert. Seitdem wird diese Plattform sukzessive erweitert und die Liste der Wünsche, die unsere Geschäftsbereiche an uns herantragen, ist lang. Das zeigt uns, dass wir hier genau das richtige flexible System geschaffen haben, das zum einen sehr gut in unsere Unternehmenskultur, Erfolge gemeinsam zu feiern, passt, und zum anderen relativ einfach und schnell verändert und erweitert werden kann.
Welche Ziele haben Sie sich für die nahe Zukunft gesetzt?
Ein Fokus wird weiterhin sein, die noch ausstehenden Länder auf unsere zentralen Prozesse und Vorgehensweisen aufzuschalten. Da wir ein stetig wachsendes Unternehmen sind, gibt es hier noch viel zu tun. Darüber hinaus werden wir mittelfristig aber auch noch weitere Digitalisierung unserer HR-Prozesse und Vorgehensweisen angehen, um unsere Arbeitsweisen zu optimieren, denn mit immer mehr Ländern steigt auch die Komplexität – hier müssen wir dafür sorgen, dass wir weniger manuell machen und mehr digitalisieren. Dies auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, der natürlich auch vor uns nicht halt macht.
Die unmittelbare Herausforderung für uns in naher Zukunft sind sicher die Auswirkungen der großen Kostensteigerungen auf unsere Mitarbeitenden und das Unternehmen. Wir werden sehr genau überlegen, welche vergütungsrelevanten Maßnahmen die richtigen sind, zum einen für unsere Mitarbeitenden, um deren aktuelle Belastungen abzufedern, und zum anderen für das Unternehmen, um unseren nachhaltigen und langfristigen Erfolg zu sichern. Ergänzend dazu schauen wir laufend nach Möglichkeiten, wie wir unsere Arbeitgebermarke und Attraktivität durch sinnvolle Maßnahmen und Angebote für unsere Beschäftigten steigern können. Hier haben wir in den vergangenen zwei Jahren insbesondere auch vor dem Hintergrund der Pandemie viel getan, aber das wollen wir weiter ausbauen.
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