Wie Schichtarbeit arbeitszeitlich attraktiver gemacht werden kann

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18. März 2019
Personal
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Der Arbeitszeitexperte Dr. Andreas Hoff schildert uns zahlreiche Ideen, mit denen Schichtarbeit attraktiver gestaltet werden kann. Erfahren Sie von ihm, wie man qualifizierten Mitarbeitern sinnvolle Modelle anbieten kann, in denen sie motiviert in der Schicht arbeiten und warum eine Regelarbeitszeit bei Schichtbetrieb unter 40 Stunden sinnvoll ist.

Experte Dr. Andreas Hoff

Dr. Andreas Hoff

Arbeitszeitberater und Inhaber | Dr. Hoff Arbeitszeitsysteme

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Motivatoren für neue Arbeitszeitsysteme

In meiner Beratungsarbeit gibt es in jüngerer Zeit ein neues Thema beziehungsweise eine immer wichtiger werdende Facette: Wie schaffen wir es, die außerhalb des Tagdienstes Montag bis Freitag unvermeidbar regelmäßig zu besetzenden, immer häufiger qualifizierten Positionen mit Arbeitszeitsystemen abzudecken, die für ausreichend viele Arbeitnehmer attraktiv sind? Früher waren die finanzielle Seite der Schichtarbeit sowie fehlenden Alternativen die wesentlichen „Motivatoren“. Deren Strahlkraft hat jedoch durch die immer höher gewichtete „Work-Life-Balance“ und die enger werdenden Arbeitsmärkte nachgelassen. Was könnten neue Motivatoren sein?

Kurze Regelarbeitszeit bringt einige Vorteile

Während eine vertragliche 40-Stunden-Woche im Tagdienst unproblematisch umsetzbar ist, bereitet sie in der Schichtarbeit erhebliche Probleme. Denn hier entsteht deutlich weniger gut nutzbare Freizeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch nachts oder am Wochenende und an Feiertagen gearbeitet werden muss, weil freie Tage nach letzten Nachtschichten für die Arbeitnehmer kaum zählen. Außerdem haben freie Tage unter der Woche für sie einen deutlich geringeren Wert.

Daher sollte die Regelarbeitszeit in Schichtsystemen so niedrig wie jeweils möglich angesetzt werden, zumindest aber unter 40 Stunden pro Woche liegen. Dies kann unter Umständen zum Beispiel auch dadurch erreicht werden, dass bisherige Pausenbezahlung in eine Reduzierung der Regelarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich umgewandelt wird. So wird beispielsweise aus einer 40-Stunden-Woche mit 30 Minuten bezahlter Pausenzeit pro Schicht eine 37,5-Stunden-Woche ohne bezahlte Pause.

Für die bereits Beschäftigten macht dies zwar kaum einen Unterschied, sieht aber nach außen deutlich besser aus – auch weil dadurch der Stundenlohn steigt. Außerdem wird bei unbezahlter Pausenzeit erfahrungsgemäß mehr auf deren Einhaltung geachtet – ein durchaus erwünschter Nebeneffekt!

Ist die Regelarbeitszeit zu hoch, kann jedoch nicht verkürzt werden, sollte über die Gewährung von Arbeitszeit-Zuschlägen (eventuell auch an Stelle von Geld-Zuschlägen) nachgedacht werden, zum Beispiel von zwei Stunden pro Wochenendschicht. Dadurch wird die tatsächlich zu leistende Arbeitszeit unter die Vertragsarbeitszeit gedrückt – was dann natürlich auch entsprechend herausgestellt werden muss.

Kurze Regel- beziehungsweise effektive Arbeitszeiten ermöglichen gesundheitsgerechte Schichtarbeit mit kurzen Arbeitsblöcken und einer kurzen Vorwärtsrotation durch die Schichtlagen. Dadurch werden insbesondere 4-Schichtsysteme im teilkontinuierlichen und 5-Schichtsysteme im vollkontinuierlichen Betrieb möglich, was sich auch auf die Krankheitsquote auswirken kann. Sie sind aus diesem Grund auch besser als die vielfach (tarif-)vertraglich für Schichtarbeitnehmer geregelten zusätzlichen Urlaubstage und/oder Freischichten, auch wenn diese natürlich per se für die Mitarbeiter sehr attraktiv sind.

Wahlarbeitszeit als Motivator für Schichtarbeit

In der Schichtarbeit wird aufgrund von Zuschlägen und Zulagen in aller Regel und teils deutlich mehr verdient als im Tagdienst. Daher macht es gerade hier Sinn, weniger materiell orientierten Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre Vertragsarbeitszeit vollzeitnah – also um zum Beispiel maximal 20 Prozent – abzusenken und damit weniger Arbeitstage und/oder mehr Pausenzeit pro Schicht zu haben: Sie verdienen dann immer noch zum Tagdienst vergleichbar. Gibt man ihnen dazu noch die Möglichkeit, ihre Vertragsarbeitszeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzustocken, wenn sich etwa ihre Lebensverhältnisse verändert haben, werden für sie die Nutzung einer solchen Absenkungs-Option noch leichter und das Schichtsystem noch attraktiver.

Einzige schichtsystematische Voraussetzung für die Einführung einer solchen Wahlarbeitszeit sind begleitende Arbeitszeitkonten, in denen dann mit der Vertragsarbeitszeit einfach die „Tages-Sollarbeitszeit“ herunter- beziehungsweise heraufgefahren wird. Mit der Wahlarbeitszeit nimmt zudem die Bedeutung der sowieso notwendig zu integrierenden Einsatzplanung zu. Mit deren Hilfe können Über- wie Unterbesetzungen vermieden werden.

Planbarkeit und Mitgestaltung der Schichtplanung

Der wichtigste De-Motivator ist fehlende Planbarkeit – was naturgemäß die Mitarbeiter in disponierten Arbeitszeitsystemen besonders trifft. Dabei geht es keineswegs um bereits zu Jahresbeginn abschließend fixierte Schichtpläne, weil diese auch den Flexibilitätsanforderungen der Mitarbeiter nicht genügen. Vielmehr sollten Sie auf roulierende Planungsprozesse setzen, in die zum einen auch die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit- und Freizeitwünsche einbringen können und in denen zum anderen deren konkrete Arbeitszeiten mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf bekannt gegeben werden. Zum Beispiel immer Dienstag bis 13:00 Uhr für die folgende Betriebswoche Montag-Früh- bis Sonntag-Nachtschicht.

Nach Abschluss einer solchen (in unserem Beispiel) Wochenplanung, darf es dann nur noch einvernehmliche Änderungen geben (einschließlich Schichtentausch), damit die Mitarbeiter vollständig über ihre Freizeit verfügen können. Auch von Rufbereitschaften oder ähnlichem an schichtplanmäßig freien Tagen rate ich vor diesem Hintergrund unbedingt ab, so dass Sie speziell für den Fall kurzfristiger Erkrankungen betrieblich andere Lösungen finden müssen.

Im Ergebnis wird damit eine deutlich bessere Planbarkeit der Arbeitszeiten erreicht – auch gegenüber dem Tagdienst, weil dort zum einen bei entsprechendem Kundenbedarf auch einmal sehr kurzfristig länger gearbeitet werden muss (auch in von den Mitarbeiter selbst gesteuerten Systemen!) und zum anderen die Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit weniger ausgeprägt ist als im Schichtbetrieb, wo außerhalb der eigenen Arbeitszeit stets jemand anderes zuständig ist.

Die Mitgestaltung der Beschäftigten ist im Übrigen auch in der Form von zentraler Bedeutung, dass das jeweilige Schichtsystem mit seinen einzelnen Regularien unter ihrer Mitwirkung immer wieder auf den Prüfstand gestellt und fortlaufend optimiert wird. Dies ist nach meiner Erfahrung der wichtigste Faktor für die Akzeptanz eines bestimmten Schichtsystems. Insbesondere sollte der jeweilige Schichtplan unter Beachtung der arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen von den Mitarbeitern selbst gewählt werden können.

Team-Struktur spielte eine wichtige Rolle

Gerade im Schichtbetrieb mit seinen ständig wechselnden Arbeitszeiten ist es wichtig, den Mitarbeiter nach Möglichkeit insoweit eine „Heimat“ zu bieten, als dass sie in stabilen Kooperationsverhältnissen arbeiten. Das betrifft insbesondere auch die Zuordnung zu einer Führungskraft. Den via Schichtplan zusammengehaltenen Teams können dann auch Steuerungsaufgaben übertragen werden wie die Verteilung der Pausen, von Freischichten oder von Nachtschichten, was den Aspekt der Mitgestaltung weiter vertieft. Darüber hinaus sollten in Schichtplänen regelmäßige Teambesprechungen und -trainings außerhalb der Schichten eingebaut werden, um Teamspirit und gegenseitige Unterstützung weiter zu fördern. Vor diesem Hintergrund ist vor einer überzogenen Individualisierung der Schichtarbeit zu warnen.

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