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Psychologisches Grundlagenwissen ist im Personalbereich nicht nur für die Auswahl der richtigen Bewerber sehr wertvoll. Auch im Umgang mit Mitarbeitern können Know-how über psychologische Trends und No-Gos sinnvoll sein. Erfahren Sie von Valentin Nowotny, was es außer Persönlichkeitsfragen für Möglichkeiten gibt und was Sie tunlichst vermeiden sollten.
Managementtrainer und Organisationsberater | NowConcept
Ihr Spezialist für Leadership, Verhandlungstechniken und Teamentwicklung im Unternehmen
Zum ProfilIn Zeiten des Wandels ist eine gesunde Portion Organisationspsychologie von enormer Bedeutung. Wieviel Psychologie steckt heute im modernen Unternehmen?
Auf den ersten Blick verbinden viele Menschen mit Psychologie Themen wie Psychodiagnostik, insbesondere die Anwendung von Persönlichkeitsverfahren. Das hat damit zu tun, dass sich die Personalauswahl seit vielen Dekaden solcher Instrumente bedient. Das hat auch heute noch seine Berechtigung, allerdings gibt es auch in der Personalauswahl mit dem Assessment Center Vorgehensweisen, welche die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Kandidaten in einer umfassenderen Weise zugänglich machen wie dies mit Persönlichkeitsfragebögen möglich wäre.
Auf den zweiten Blick kommt Psychologie jedoch in sehr viel mehr Feldern im Unternehmen zum Einsatz als man vielleicht denkt. Allein schon die Frage der Nutzerfreundlichkeit, im Fachjargon „Usability“ genannt, ist so ein Fall. Was Nutzern gefällt, ihnen nutzt oder sie eher verwirrt ist eine psychologische Frage und kann mit dem sogenannten „Usability Testing“ auch empirisch überprüft werden. Zudem wird bei Ansätzen die momentan en vouge sind, wie etwa dem Design Thinking, auch oft implizit auf klassische psychologische Konzepte wie das konvergente und divergente Denken nach J. P. Guilford zurückgegriffen.
Im Bereich der Personalentwicklung wird inzwischen gerne auf psychologisch unterlegte Kompetenzmodelle zurückgegriffen oder auf Modelle, die dabei helfen, dass sich Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen besser verstehen. Auch agiles Arbeiten funktioniert nur dann, wenn die in diesen Methoden eingebaute Psychologie auch tatsächlich verstanden wird. In dem Buch "Agile Unternehmen: Fokussiert, schnell, flexibel" habe ich die der Agilität zugrunde liegenden psychologischen Prinzipien sehr detailliert herausgearbeitet.
Was sollte man kennen, was muss man vermeiden?
Wenn wir über Psychologie in Unternehmen sprechen, müssen wir darauf achten, dass diese nicht auf einzelne Schulen reduziert wird, wie zum Beispiel die analytische Psychologie oder die Transaktionsanalyse – so spannend diese Ansätze auch im Einzelfall sein mögen. Die Verkürzung auf "Denkschulen" schränken den Gegenstand der Psychologie ein und führen mitunter zu einem ideologischen Blick auf psychologische Sachverhalte. Dabei ist es gerade die Vielzahl der Perspektiven welche die wissenschaftliche Betrachtungsweise von einer Alltagspsychologie oder gar einer esoterischen "Kaffeesatzleserei" unterscheidet.
Auch Sätze „Wie geht es dir damit?“ sind aus meiner Sicht eher einem seichten "Psycho-Jargon" zuzuordnen, der sich vielleicht gut auf einer Kabarett-Bühne verwerten lässt, einen um Seriosität bemühten Organisationsentwickler jedoch nicht wirklich weiterbringt. Es geht in der Psychologie eben darum, etwas genauer hinzuschauen, diejenigen Fragen zu formulieren, auf die Befragte vielleicht noch keine Antwort haben, und so neue und wirksame Impulse zu geben!
Können Sie uns ein paar Instrumente für die Gestaltung einer gesunden Unternehmenskultur mit auf den Weg geben?
Ein gesunde Unternehmenskultur ist heute vor allem eine adaptive Kultur, die mit einer positiven, unterstützenden und stimmigen Grundhaltung unterlegt sein sollte. Die Stärken und Potenziale jedes Einzelnen sollen durch sie gefördert werden, das Zusammenspiel miteinander insgesamt gestärkt werden. Identitätsbildung und Identifikation der Mitarbeitenden sind hier zwei Stichworte, die sich positiver auf die Motivation auswirken als instrumentell verstandene Anreizsysteme. Auch die Anpassung solcher Systeme auf neue agile Arbeitsweisen ist eine psychologisch sehr interessante Fragestellung!
Für eine gesunde Kultur braucht es zudem in Unternehmen Räume, in denen Fragen sowie Unsicherheiten miteinander besprochen und abgeglichen werden können.
Auch das klassische, gut geführte Mitarbeitergespräch kann Ausdruck einer guten Unternehmenskultur sein.
Zudem tragen heute insbesondere extern moderierte und ergebnisoffene Workshops zur Diskussionskultur im Unternehmen bei, wie sie etwa bei der Einführung von Agilität im Unternehmen zu empfehlen sind.
Wie geht man mit Widerständen und Konflikten innerhalb der Organisation um?
Die heute verfügbaren Vorgehensweisen im Konfliktmanagement sind größtenteils eine Form angewandter Psychologie. So kann zum Beispiel die Perzeptionsklärung im Team die Parteien wechselseitig öffnen und in einem Gesprächsprozess wieder zueinander bringen. Auch Interessensgegensätze oder manifeste Konfliktlagen können so wieder auf ein Niveau gebracht werden, das zu einem respektvollen und konstruktiven Austauschprozess führt.
Neben den Methoden des Konfliktmanagements sind übrigens auch die sogenannten "Liberating Structures" ein vielversprechendes Instrumentarium. Im Bereich der Großgruppenmoderation angesiedelt, können durch die Nutzung von 33 Mikrostrukturen unternehmensintern Strategieprozesse angestoßen und komplexe Veränderungsvorhaben unter Einbezug aller Beteiligten angegangen werden.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, um die Leistungsmotivation zu steigern?
Hier müssen natürlich wirtschaftlichen Faktoren, gestalterische Kreativität und die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und ganzen (Projekt-)Teams gleichberechtigt balanciert werden. Ich empfehle hier entsprechende Workshop-Formate, die mit psychologischem Fingerspitzengefühl vorbereitet und durchgeführt werden. Das Thema "Raum" ist nicht ohne Grund eines der größten Konfliktfelder zwischen Menschen!
Aus meiner Sicht wirkt sich jedoch nicht nur eine mit Teamarbeit kompatible Arbeitsplatzgestaltung positiv auf die Motivation aus. Es ist auch die Qualität und Unterstützungskraft von Führung, das Thema Sinnhaftigkeit sowie eine zeitgemäße und auf Transparenz basierende Zielvereinbarungslogik wie dies etwa mit Objectives and Key Results (kurz OKR) realisiert werden kann.
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