Patentierbarkeit von Software in Deutschland und Europa

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23. März 2023
Gewerblicher Rechtsschutz
2 Kommentare

Kann man für Software ein Patent anmelden? Wie sind die Erfolgschancen? Und in welchen Fällen, ist die Patentierbarkeit ausgeschlossen? Patentanwalt Jan König zeigt in diesem Beitrag, warum die Patentierbarkeit von Software in Deutschland und Europa vielen unklar ist und welche Positiv- und Negativbeispiele eine Inspirationsquelle für Software-Patente sein können.

Jan König

Patentanwalt | Qip Patentanwälte mbB

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Rechtslage zur Patentierbarkeit von Software ist vielen unklar

Nach wie vor hält sich hartnäckig das Gerücht, dass man in Deutschland oder Europa kein Patent für Software erhalten könne. Das liegt unseres Erachtens vor allem daran, dass sowohl im Deutschen Patentgesetz (DPatG) als auch im Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) die Patentierung von „Software an sich“ vom Patentschutz ausgeschlossen ist und genau an dieser Stelle viele zu früh aussteigen. Die Frage ist nämlich, was eigentlich gemeint ist mit dieser Formulierung, insbesondere mit dem zweiten Teil „an sich“.

Auslegung erfolgt anhand des Beitrags zum Stand der Technik

Der bzw. die Gesetzgeber und vor allem die zuständigen Richter interpretieren diese Formulierung nach gängiger Rechtsprechung als Software, die keinen technischen Beitrag zum bekannten Stand der Technik liefert. Nun könnte man denken, dass Software, da sie grundsätzlich von einem technischen Gerät, insbesondere einem Computer, abgearbeitet wird, immer einen technischen Aspekt beinhaltet. Das ist grundsätzlich auch richtig, aber wesentlich ist, ob der Unterschied der zu patentierenden Software zu jeglicher zum Anmeldezeitpunkt bekannter Software einen technischen Charakter hat und einen Beitrag zum bekannten Stand der Technik liefert, also neu gegenüber letzterer ist und sich derart vom Stand der Technik abhebt, dass darin eine erfinderische Tätigkeit begründet ist.

Negativ-Beispiel: Patentierbarkeit von Software erscheint aussichtslos

Am besten lässt sich die Situation an Beispielen veranschaulichen. Nehmen wir erstmal ein Negativbeispiel, und zwar eine Software, mit der man auf unfraglich neue und besonders einfache und praktische Art und Weise seine Steuererklärung bearbeiten kann. Tatsächlich hebt sich diese Software vom Stand der Technik unter anderem dadurch ab, dass man am Ende mehr Steuern spart als ohne diese Software, wobei an dieser Stelle dahingestellt bleiben kann, ob das in der Realität finanzrechtlich Sinn mach oder nicht. Wir bleiben bei unserem Beispiel.

Das Problem ist nun, dass der technische Aspekt dieser neuen Software beispielsweise darin begründet ist, dass sie auf einem Computer abgearbeitet wird, dass sie in einer Programmiersprache geschrieben ist und dass sie bei ihrer Ausführung auf einem Prozessor bewirkt, dass in dem Computer Ströme zwischen Speicher, Prozessor und Bildschirm hin und her fließen. All dies ist jedoch auch bei einer aus dem Stand der Technik bekannten Software bereits gegeben. Das heißt, diesbezüglich liefert die neue Software keinen (neuen) technischen Beitrag zum Stand der Technik, sondern bedient sich bekannter und damit nicht-neuer Mittel. Der einzige Unterschied ist, dass evtl. die Eingabefenster übersichtlicher gestaltet sind, die Berechnungen einfacher und damit schneller und/oder ressourcenschonender sind, und dass am Ende mehr Geld vom Hartverdienten übrigbleibt. Dies sind jedoch grafische, finanzielle und bestenfalls noch organisatorische Aspekte – keine technischen.

Man könnte nun noch argumentieren, dass aufgrund der neuen Berechnungsmethoden der Prozessor andere Rechenvorgänge durchführen muss und somit die Ströme in dem Computer auf eine neue Art und Weise fließen. Bricht man solche Berechnungen jedoch runter bis ins kleinste Detail, so landet man wieder bei bekannten Grundrechenarten und der Weg dorthin besteht in mathematischen Umwandlungen, die „an sich“ wieder vom Patentschutz ausgeschlossen sind. Daher ist eine neue Steuererklärungssoftware im Normalfall vom Stand der Technik ausgeschlossen.

Positiv-Beispiel: Patentierbarkeit von Software ist gegeben

Ein einfaches positives Beispiel für die Patentierbarkeit von Software ist jegliche Software, die in einem technischen Gerät abgearbeitet wird, von dem ein oder mehrere Messwerte erfasst und verarbeitet werden und/oder das in Reaktion auf ein oder mehrere Steuerbefehle eine oder mehrere Aktionen durchführt. Häufig ist dies bei proprietärer Software der Fall. Ein klassisches Beispiel hierfür ist eine Waschmaschine, die einen Computerchip und Sensoren aufweist, die beispielsweise einen Verschmutzungsgrad und/oder einen Wasserstand in der Waschmaschine erkennen kann und ein dafür geeignetes Waschprogramm auswählen und steuern kann. Hier wird es keine Probleme mit der Patentierbarkeit von Software geben. Moderne Beispiele hierzu sind nahezu alle IoT- oder smarten Geräte, die per Definition mit Sensoren, Software und anderer Technologie ausgestattet sind, um diese Geräte mit anderen Geräten und Systemen über das Internet zu vernetzen, sodass zwischen den Geräten Daten ausgetauscht werden können.

Interessanter wird es bei Software, die zwar zum Steuern eines technischen Geräts dient, jedoch nicht direkt von diesem verarbeitet wird. Beispielsweise gibt es Software, die Steuersignale für ein Gerät außerhalb des Geräts, beispielsweise auf einem separaten Computer, entwickelt, wobei nachfolgend die Steuersignale gespeichert, auf das Gerät übertragen und dort verwendet werden. Aber auch hier gibt es in den meisten Fällen keine oder nur kleinere Probleme, da der Gesetzgeber hier den technischen Bezug als noch ausreichend gegeben sieht und da am Ende des Tages die Steuersignale wieder dazu dienen, das Gerät zu der einen oder anderen Aktion zu bewegen.

Weitere technische Gebiete, in denen wir relativ problemlos Patente auf Software bekommen, obwohl sich im Lichte der vorhergehenden Erklärungen der technische Beitrag nicht auf den ersten Blick erschließt, sind beispielsweise Bilderkennung, Bildverarbeitung, Betriebssysteme oder Navigationssysteme.

Wackelkandidaten: Patentierbarkeit von Software muss geprüft werden

Problematisch kann es immer dann werden, wenn innerhalb eines durch Software gesteuerten Prozesses menschliches Eingreifen erforderlich ist. Beispielsweise benötigt die Software eine Eingabe eines Bedieners des entsprechenden technischen Geräts, wobei der Bediener evtl. eine Entscheidung fällen oder eine andere gedankliche Tätigkeit durchführen muss, um die Eingabe vorzunehmen. In diesen Fällen wird von einem „Unterbrechen“ der technischen Kette gesprochen, was gegen die Patentierbarkeit einer solchen Software spricht. Unserer Erfahrung nach ist dies jedoch noch kein Totschlagargument und in vielen Fällen ist argumentativ eine Rettung möglich, wobei der Erfolg von dem Beitrag abhängt, den der Bediener an der Fortführung bzw. Unterbrechung des Verfahrens hat. Je kleiner dieser Beitrag ist, desto besser sind die Erteilungschancen.

Auch im Bereich Künstlicher Intelligenz gibt es Aspekte, die dem Patentrecht zugänglich sind, und welche, die es nicht sind. Aber dies ist ein im Patentrecht relativ junges und in der Rechtsprechung noch recht dynamisches Thema, welches einige Besonderheiten gegenüber der Patentierung von Software aufweist, dementsprechend komplex ist, und daher den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde. Ein weiterer Beitrag für diesen Blog, der sich im Wesentlichen mit der Patentierung von KI beschäftigt, ist bereits in Planung.

Fazit: Patentierbarkeit von Software ist in Deutschland und Europa nicht ausgeschlossen

Abschließend lässt sich sagen, dass Software in Deutschland und Europa sehr wohl patentierbar ist und dass es fast schon zu unserem täglichen Brot gehört, Patente für Software unserer Mandanten zu bewirken und manchmal auch zu erstreiten. Im Zweifelsfall sollte immer erst Rücksprache mit einem auf diesem Gebiet erfahrenen Patentanwalt gehalten werden, bevor die Flinte ins Korn geworfen wird.

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Kommentare

27.09.2023 | Andersen

Ich stimme zu, dass der Artikel wertvolle Einblicke in die komplizierte und regelmäßig missverstandene Materie der Patentierbarkeit von Softwareprogrammen in Deutschland und Europa bietet. Als jemand, der eine Zeit lang in der Technologiebranche gearbeitet hat, habe ich aus erster Hand erfahren, wie verwirrend der Ausschluss von "Software als solcher" vom Patentschutz für viele Menschen sein kann. Ich gehe jedoch davon aus, dass Jan König eine hervorragende Arbeit leistet, indem er gute und schlechte Beispiele aufzeigt, die als Konzept für Softwarepatente dienen können. Meiner Meinung nach ist der Zeitraum "per se" wesentlich, um die Patentierbarkeit von Software zu erfassen, und es ist unabdingbar, nach Expertenempfehlungen zu suchen, um die Erfolgsaussichten zu bestimmen. Bei <a href="https://andersenlab.de/">Andersen</a> haben wir unseren ehrlichen Anteil an Kunden, die mit diesem Problem zu kämpfen hatten, und ich nehme an, dass Artikel wie dieser dazu beitragen können, ein unverzichtbares Problem in der Technologiebranche zu beleuchten und eine nützliche Vorbereitung für diejenigen zu bieten, die ihre Software-Innovationen schützen wollen. Insgesamt halte ich den Artikel für eine großartige nützliche Ressource für alle, die sich für dieses Thema interessieren.

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