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Seit dem Februar 2022 ist in der Immobilienbranche und insbesondere in der Wohnungswirtschaft (fast) nichts mehr so wie es mal war. Jahrelang konnte man sich darauf verlassen, dass die Baupreise halbwegs stabil waren, dass die Zinsen auf einem historischen Tiefststand verharrten und dass die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft sowohl der institutionellen als auch der Einzelkäufer stetig stieg.
Es ist die ureigene Ausprägung von Projektentwicklungen, dass Dinge nicht immer so laufen, wie man dies bei Ankaufsentscheidung unterstellt hatte und das man auf Probleme und Krisen reagieren muss. Insbesondere Akteure der Branche, die schon länger als 15 Jahre dabei sind, können sich an solche Themen noch gut erinnern (zum Beispiel an die Lehmann-Pleite und ihre Folgen).
Was aber zu Anfang 2022 passierte, hatte eine neue Qualität. Von mehreren Seiten liefen die Dinge plötzlich völlig anders als angenommen. Die Zinsen stiegen innerhalb kürzester Zeit rasant an mit dem Dreifacheffekt, dass sich nennenswerte Teile der Zielgruppe bei Einzelkäufern in Luft auflöste, die Faktoren bei den Institutionellen zurück gingen und die Projektfinanzierungen teurer wurden. Auf der anderen Seite verschärfte sich die Verteuerung der Baupreise signifikant – befeuert durch steigende Energiepreise, die nach wie vor gegebenen Lieferengpässe und die allgemeine Verunsicherung durch den Krieg in der Ukraine.
Nun ist die Party der Wohnungswirtschaft also vorbei und es stellt sich die Frage, wen dies im Einzelnen trifft und ob das nur negativ zu bewerten ist. Alexander Schmitz, Geschäftsführer der INTERBODEN Innovative Lebenswelten® GmbH & Co. KG, gibt Antworten.
Bereits die letzten Monate zeigen es und diese Entwicklung ist nach meiner Einschätzung noch nicht am Ende, dass die Party für die Grundstückseigentümer vorbei ist. Jahrelang stiegen die Grundstückspreise in Erwartung immer weiter steigender Abverkaufspreise für Wohnungen ins Unermessliche und bescherten den Grundstückseigentümern leistungslose Wertzuwächse in ungekanntem Ausmaß. Dies hat nun ein Ende, weil die Preise für Wohnungen nicht weiter steigen werden und im Idealfall allenfalls eine Seitwärtsbewegung vollziehen. Bei weiter steigenden Baupreisen bleibt residual weniger für das Grundstück übrig und es ist deutlich spürbar, dass Preisvorstellungen von Käufern auf das geänderte Marktumfeld bereits reagieren. Dies ist zu begrüßen, nicht zuletzt, weil es aus gesellschaftspolitischen Erwägungen heraus schlecht ist, wenn der Wert des Grund und Bodens zu stark steigt zu Lasten der Gesamtbevölkerung, die auf (bezahlbaren) Wohnraum angewiesen ist.
Leider ist zu befürchten, dass diese Preisentwicklung nach unten auch dazu führt, dass der eine oder andere Grundstückseigentümer gar nicht verkauft und erstmal abwartet. Das würde das Problem des weiterhin deutlich zu geringen Neubaus von Wohnungen weiter verschärfen.
Auch für diese Markteilnehmer scheint die Party vorbei zu sein. Das Geschäftsmodell wird nicht mehr aufgehen, dass man Grundstücke zu exorbitanten Preisen ankauft, für einen überschaubaren Zeitraum von mehreren Monaten oder wenigen Jahren nichts oder nicht viel macht und dann das Grundstück mit signifikantem Gewinn weiterverkauft, ohne je die Absicht gehabt zu haben, auf dem Areal etwas zu bauen.
Umsetzungsorientierten Projektentwicklern und auch den Kommunen waren diese Marktteilnehmer schon immer ein Dorn im Auge und es ist kein Verlust, dass diese Geschäftsmodelle nicht mehr aufgehen. Täglich kann man der Presse entnehmen, welche Marktteilnehmer aktuell damit ringen, was sie sich alles in die Bücher geholt haben und wie sie versuchen, diese Themen zu lösen.
Auch für die deutschen Ballungsräume, die seit Jahren damit zu kämpfen haben, dass es zu wenig und insbesondere zu wenig „bezahlbaren“ Wohnraum gibt, haben die Entwicklungen der letzten Monate gravierende Auswirkungen. Hier von einer Party zu sprechen, die vorbei sei, gebietet sich allerdings nicht, weil das Bedürfnis und die Notwendigkeit nach adäquatem Wohnraum für breite Teile der Bevölkerung ein ernstes Problem ist und auch schon vor der jetzigen Krise von einer Party für die Kommunen auf diesem Feld nicht die Rede sein konnte.
Gleichwohl müssen sich die Städte insbesondere in zwei Bereichen auf die neue Situation einstellen und einfache Lösungen sind hier leider nicht in Sicht.
Zum einen ist davon auszugehen, dass die Fertigstellungszahlen von Wohnungen in deutschen Großstädten und deren Umland weiter zurück gehen und dass damit die Lücke zwischen Bedarf und Angebot noch größer wird. Es ist bereits jetzt zu beobachten, dass die Mieten weiter nennenswert steigen, weil Angebot und Nachfrage nicht zueinander passen und zudem zusätzliche Nachfrage entsteht, von Menschen, die jetzt nicht mehr kaufen können oder wollen und ihr Heil auf dem Mietwohnungsmarkt suchen.
Zum anderen müssen sich die Kommunen auch darauf einstellen, dass die Modelle der sozialen Bodenordnung, Handlungskonzept Wohnen und wie sie alle heißen, nicht mehr so ohne weiteres durchgesetzt werden können. Jahrelang hat die Wohnungswirtschaft der Entwicklung und Verschärfung solcher Modelle recht gelassen zugesehen und sie in Teilen auch positiv begleitet, weil es möglich war, die wirtschaftlichen Nachteile von preisreduzierten oder geförderten Wohnungen auf die freifinanzierten Wohnungen umzuverteilen und damit quer zu subventionieren. Dies ist nun definitiv nicht mehr möglich und die Kommunen müssen sich fragen, ob sie an Ihren Modellen und Forderungen festhalten können, weil sie damit Gefahr laufen, dass die aktuellen Projekte sich dann gar nicht mehr rechnen, nicht gebaut werden und der oben beschriebene Effekt des nicht ausreichenden Angebotes am Wohnungsmarkt sich noch stärker ausprägt.
Auf der anderen Seite wäre eine völlige Aufgabe der Quotierungsmodelle aus Sicht der Kommunen auch nicht vertretbar, weil dann die Fertigstellungszahlen von geförderten Wohnungen durch die freie Wohnungswirtschaft deutlich zurück gehen würden. Dies ist ein Dilemma zu dessen Lösung die handelnden Akteure der Städte und der Wohnungswirtschaft dringend miteinander ins Gespräch kommen müssen.
In den nächsten Monaten und Jahren wird es interessant sein zu beobachten, wie die Marktteilnehmer agieren, die sich bis Ende des Jahres 2021 mit teuren und großen Projekten eingedeckt haben und nun feststellen müssen, dass weder die angenommenen Kosten noch die erwarteten Erlöse sich bestätigen. Auch hier kann man davon sprechen, dass die Party der Wohnungswirtschaft definitiv vorbei ist und einzelne Akteure mussten ja schon die Segel streichen. Es bleibt abzuwarten, wie stark es im Weiteren zu Marktbereinigungen kommen wird.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Immobilienbranche herausfordernde und spannende Zeiten bevorstehen. Es gibt aber auch schon wieder positive Zeichen am Horizont, zum Beispiel im Hinblick auf die Grundstückspreise oder die Bereitschaft von Baufirmen, ihre Preise nach unten zu justieren. Aber vorbei ist die Party der letzten Jahre auf alle Fälle.
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Guten Tag, klasse Beitrag! Mir hat besonders gut die klare Formulierung gefallen, so konnte ich komprimiert die wesentlichen Informationen für mich mitnehmen. Ich werde auch weitere Beiträge von euch Lesen.
Grüße, Lukas
Vielen Dank für diesen informativen Blog-Artikel! Ihre klaren und prägnanten Informationen haben mir geholfen, das Thema besser zu verstehen.