Weiterbildungsangebote, Praxistipps und Expertenmeinungen bequem per E-Mail – für einen leichteren Alltag!
Die Bewertung junger Unternehmen und Geschäftsmodelle stellt in der Praxis kein einfaches Unterfangen dar. Andreas Emmert, Partner Financial Advisory, Valuation & Modelling bei der Deloitte GmbH WPG, beleuchtet in diesem Beitrag mögliche Vorgehensmodelle und Ansatzpunkte, um auch in diesem Umfeld eine belastbare Abschätzung des Wertes von Startup- und Scale-up-Unternehmen zu treffen.
Die Frage nach dem Wert eines Unternehmens stellt sich in vielen Zusammenhängen und Anlässen, sei es aufgrund von (Erbschaft-)steuerlichen Anlässen, im Rahmen der Bilanzierung, bei der Klärung der Werthaltigkeit von Beteiligungsunternehmen oder aber im Rahmen von M&A-Transkationen. Hier haben sich je nach Anlass typische Vorgehensmodelle etabliert, die in aller Regel auf einer vom jeweiligen Unternehmen aufgestellten Finanzplanungsrechnung basieren, bestehend aus Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz, und hieraus bewertungsrelevante Cashflows als Zuflüsse an die Kapitalgeber ableiten. Diese werden mit einem risikoadäquaten Renditesatz, auch Diskontierungszinssatz oder Kapitalkosten genannt, auf den jeweiligen Bewertungsstichtag abgezinst.
Für junge Unternehmen stellt sich hierbei insbesondere die Frage nach dem angemessenen Diskontierungszinssatz aufgrund der Spezifika solcher Unternehmen, die stark geprägt sind von einer hohen Wachstumsdynamik, kaum vorhandenen historischen Erfahrungswerten, einem zumindest in Teilen noch unbekannten Markt und zugehöriger Marktgröße, sowie einer starken Personenabhängigkeit der Gründer.
Hierbei lässt sich das Entwicklungsstadium junger Unternehmen beispielhaft wie nachfolgend dargestellt einordnen:
Abhängig vom Entwicklungsstadium des Geschäftsmodells und der Verfügbarkeit von Daten eignen sich spezifische Verfahren für die Bewertung junger Unternehmen. Nachfolgend ein Überblick gängiger Verfahrensmodelle.
Discounted-Cashflow-Verfahren
Vorherige Kapitalisierungsrunden als Referenzpunkt
IPO-Multiplikatoren aus Börsengängen junger Unternehmen
Marktmultiplikatoren (Transaktionen und vergleichbare börsennotierte Unternehmen)
Spiegelung an Managementerwartungen
Kostenbasierte Methoden und Net Asset Value als Wertuntergrenzen
Für spezielle Fragstellungen werden diese Methoden insbesondere bei der Bewertung von unterschiedlichen Aktiengattungen (bspw. Stamm- und Vorzugsaktien) in der Praxis teilweise noch durch Optionspreisbewertungsmodelle ergänzt.
Viele der vorstehend genannten Verfahren gleichen der klassischen Unternehmensbewertung. Allerdings sind Letztere konkret zu modifizieren. So werden die üblichen Discounted-Cashflow-Verfahren angepasst, um bspw. Informationen hinsichtlich der Überlebenswahrscheinlichkeit neuer Geschäftsideen und -modelle einzubeziehen und um die regelmäßig optimistische und zielgerichtete Planung der Gründer auf einen sogenannten Erwartungswert anzupassen. Auch die Ermittlung von sogenannten impliziten Kapitalkosten stellt ein probates Vorgehensmodell dar, bei dem künftige Chancen und Risiken im Rahmen einer werttreiberbasierten Risikosimulation der finanziellen Größen des jungen Unternehmens mittels Monte-Carlo-Simulation bestimmt werden.
Als einfache Praxisverfahren werden häufig auch Multiplikatoren auf eine Ergebnisgröße (bspw. Umsatzerlöse, Betriebsergebnis) angewendet, um eine vereinfachte und schnelle Wertabschätzung zu treffen. Solche Multiplikatoren können bspw. auf Basis von M&A-Transaktionen oder Börsenkurse vergleichbarer Unternehmen oder Unternehmensteile erfolgen, aber auch anhand des Vergleichs mit anderen jungen Unternehmen und dem Wert, der im Rahmen eines Börsengangs (dem sogenannten. „Initial Public Offering“, „IPO“) erzielt wurde.
Die Besonderheiten junger Unternehmen müssen im Rahmen von Ertrags- bzw. Cashflow-basierten Bewertungsmethoden im Rahmen der Ermittlung der zugehörigen Kapitalkosten, wie bspw. den gewichteten Kapitalkosten („Weighted Average Cost of Capital“, „WACC“) aus Renditeforderung der Eigenkapitalgeber und Fremdkapitalgeber, berücksichtigt werden.
Betrachtet man in diesem Zusammenhang die sogenannte „Venture-Capital-Methode“ als ein Verfahren, bei dem künftige Cashflows bewertet werden, so haben sich in der Praxis in Abhängigkeit des Entwicklungsstadiums Bandbreiten für die Kapitalkosten herausgebildet, die hier Anwendung finden können. Nachfolgendes Schaubild verdeutlicht dahingehend die Bandbreiten auf Basis verschiedener empirischer Untersuchungen im Hinblick auf Entwicklungsstadium, Kapitalkosten und Anwendung im Rahmen der Venture-Capital-Methode.
Letztlich bleibt bei allen Verfahrenswegen jedoch das Potenzial des jungen Unternehmens begrenzt berücksichtigt. Der Gründer wird als Person hier eine starke emotionale Bindung haben, wie dies im Übrigen auch bei Familienunternehmern häufig der Fall ist, wohingegen ein Kapitalgeber stark auf die zu erwartenden risikoadjustierten Finanzdaten abstellen wird. Beide Sichtweisen sind berechtigt und formen den möglichen Preis der Beteiligung an einem jungen Unternehmen.
Für junge Unternehmen empfiehlt es sich daher immer, mehr als ein Bewertungsverfahren anzuwenden, da der Wert solcher Unternehmen nicht als Punktwert, sondern bestenfalls im Rahmen einer Bandbreite bestimmbar bleibt. Somit ist der Wert eines jungen Unternehmens ebenso agil und dynamisch wie das Unternehmen selbst und einer stetigen Veränderung und damit verbundenen Neueinschätzung unterworfen.
Holen Sie sich neue Impulse für Ihren Alltag! Wir geben in diesem Seminarprogramm zum Thema Führung & Management praktische Tipps und passende Seminarempfehlungen, mit denen Sie Ihre größten Herausforderungen im Daily Business erfolgreich meistern.
Kommentare
Keine Kommentare