Einigung mit dem Betriebsrat – rechtliche Möglichkeiten bei Eskalationen

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29. September 2022
Personal
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Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ordnet an, dass Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verdeutlicht, dass das BetrVG nicht von einem Konfrontations-, sondern von einem Kooperationsmodell ausgeht. Die rechtliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist insbesondere durch gemeinsame Ziele des Wohles der Arbeitnehmer und des Betriebs gekennzeichnet. Doch nicht immer kann es im Rahmen der gemeinsamen Zusammenarbeit gelingen, auch einer Meinung zu sein. Häufig sind Konflikte zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zum Beispiel zu Fragen der Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem BetrVG zu beobachten. In diesen Fällen stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten das Gesetz sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Betriebsrat zur Konfliktlösung zur Verfügung stellt.

Im Folgenden stellt Dr. Martin Nebeling, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Bird & Bird LLP in Düsseldorf, zwei solcher Möglichkeiten vor: Die Anrufung der Einigungsstelle und die Durchführung einer Mediation.

Experte Dr. Martin Nebeling

Dr. Martin Nebeling

Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner | Bird & Bird LLP

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1. Möglichkeit zur Einigung mit dem Betriebsrat: Anrufung der Einigungsstelle

Nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Bleiben die Verhandlungen erfolglos – eine Kompromisspflicht besteht nicht –, so können beide Seiten die Einigungsstelle anrufen. Diese ist gem. § 76 Abs. 1 S. 1 BetrVG bei Bedarf zu bilden. Die Einigungsstelle ist eine betriebsverfassungsrechtliche Schlichtungsinstitution eigener Art und dient der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Sie besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern (in der Regel 2 Beisitzer pro Partei), die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden (oftmals ein Arbeitsrichter), auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Nach § 76 Abs. 2 S. 2 BetrVG wird für den Fall, dass sich die Parteien nicht auf einen Vorsitzenden einigen können, dieser vom Arbeitsgericht bestellt. Der Vorsitzende hat die Aufgabe, das Einigungsstellenverfahren zu leiten. Im Falle einer Nichteinigung hat er die entscheidende Stimme.

Zu unterscheiden ist zwischen dem erzwingbaren und freiwilligen Einigungsstellenverfahren. Die Kosten trägt in beiden Fällen der Arbeitgeber.

Beim erzwingbaren Einigungsstellenverfahren wird die Einigungsstelle schon auf Antrag nur einer Seite tätig. Die andere Partei kann gegen die Einberufung der Einigungsstelle nichts unternehmen. Hier ersetzt der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 76 Abs. 5 S. 1 BetrVG). Die Fälle, in denen das erzwingbare Einigungsstellenverfahren zum Zuge kommt, sind im Gesetz abschließend aufgezählt. So entscheidet zum Beispiel die Einigungsstelle im erzwingbaren Verfahren, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht in sozialen Angelegenheiten, bei denen der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, einigen können (§ 87 Abs. 2 BetrVG).

Das freiwillige Einigungsstellenverfahren hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass die Einigungsstelle nur tätig wird, wenn beide Seiten dies beantragen oder zumindest mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind (§ 76 Abs. 6 S. 1 BetrVG). In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im Voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben. Denkbar ist hier etwa die Errichtung einer freiwilligen Einigungsstelle auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung. Das Gesetz nennt etwa die Vorschrift des § 102 Abs. 6 BetrVG als Beispiel für die mögliche Errichtung einer freiwilligen Einigungsstelle, wonach Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren können, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

In beiden Verfahren fasst die Einigungsstelle ihren Beschluss nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Eine virtuelle Verhandlung ist dem Gesetz nach nicht möglich. Das Gesetz erlaubt eine virtuelle Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen nur in § 30 Abs. 2 BetrVG für Betriebsratssitzungen, nicht jedoch auch für Verhandlungen der Einigungsstelle. Einige Vorsitzende lassen dennoch für die erste Verhandlung der Einigungsstelle eine virtuelle Verhandlung zu. Der Spruch der Einigungsstelle kann angefochten und gerichtlich überprüft werden. Das Arbeitsgericht überprüft hier, ob die Einigungsstelle die durch das Gesetz vorgegebenen Verfahrensregelungen und ihren Ermessensspielraum eingehalten hat.

2. Möglichkeit zur Einigung mit dem Betriebsrat: Durchführung einer Mediation

Arbeitgeber und Betriebsrat können sich weiterhin zur Beilegung eines Konflikts sowohl in mitbestimmungspflichtigen als auch in mitbestimmungsfreien Angelegenheiten auf eine Mediation verständigen. In diesem Fall gelten die Regelungen des Mediationsgesetzes (MediationsG).

Nach § 1 Abs. 1 MediationsG handelt es sich bei der Mediation um ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung eines Konflikts anstreben. Die Kosten des Verfahrens trägt auch hier der Arbeitgeber.

Eine Mediation hat das Ziel, einen Interessenausgleich zwischen den Konfliktparteien, eine „Win-Win“-Situation zu erreichen, in der beide Parteien ihre Interessen gewahrt sehen. Dem Mediator kommt die Hauptaufgabe zu, auf eine umfassende Konfliktbearbeitung hinzuwirken. Hierzu ist es erforderlich, dass er die Arten und die verschiedenen Ebenen eines Konfliktes erkennt, analysiert und im Rahmen des Mediationsverfahrens berücksichtigt. Die Mediation hat den psychologischen Vorteil, dass die Parteien ohne äußeren Einfluss, jedoch mithilfe der Moderation eines Mediators in einem strukturierten Verfahren die Konfliktlösung selbst erarbeiten. Das charakteristische Merkmal der Eigenverantwortung führt dazu, dass sich keine der Konfliktparteien unterlegen fühlt. Falls dies doch einmal eintreten sollte, dann steht es der sich unterlegen fühlenden Partei frei, das Verfahren jederzeit zu beenden. Außerdem wird zwischen geschlossenen Türen verhandelt, sodass die Angelegenheit anders als bei einem Gerichtsverfahren streng vertraulich bleibt. Hierdurch kann ein durch den Streit ausgelöster Imageverlust des Unternehmens vermieden werden.

Weiterhin hat das Mediationsverfahren den Vorteil, dass es in der Regel recht schnell vonstattengeht und mit keinen langen Wartezeiten wie zum Beispiel bei einem Gerichtsprozess verbunden ist. Das Mediationsverfahren ist durch eine große Flexibilität und Gestaltbarkeit gekennzeichnet, denn der Mediator kann sich sowohl den speziellen, arbeitsplatzbezogenen Aspekten des Konflikts, als auch dem auf den Konflikt einwirkenden betrieblichen Gesamtsystem widmen. Er muss sich nicht an den durch das Gesetz vorgegebenen Anspruchsgrundlagen und Rechtsfolgen orientieren und sich auf diese beschränken, sondern kann dazu beitragen, genau auf die Situation im Betrieb maßgeschneiderte – auch unkonventionelle – Lösungen zu finden.

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